HIV sichtbarer machen und Stigmatisierungen abbauen

5. Euregionale HIV/Aids-Konferenz in Rolduc zu HIV in der Arbeitswelt

Datum:
Mo. 24. Juni 2013
Von:
iba

5. Euregionale HIV/Aids-Konferenz in Rolduc zu HIV in der Arbeitswelt

Neue Medikamente und Therapien haben HIV/Aids in den vergangenen Jahren von einer tödlichen zu einer chronischen Krankheit werden lassen. Das eröffnet neue Problemfelder, wie den Umgang mit HIV in der Arbeitswelt.

Die „Euregionale Lernpartnerschaft gegen Stigmatisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit HIV/Aids“, bestehend aus Vertretern der Bistümer Aachen, Roermond und Lüttich, der Aids-Hilfen Aachen und Mönchengladbach, Missio Eupen und der Universität Maastricht, hatte dies zum Thema ihrer fünften Konferenz in Kloster Rolduc in Kerkrade gemacht. Es ging um immer noch bestehende Ausgrenzung, die Bemühung um Inklusion und um die Rolle der Kirchen.

Nach der Begrüßung durch Hub Vossen, Dienst Kirche und Zusammenleben im Bistum Roermond, gab Ronald A.M. Brands von HVN (HIV Vereniging Nederland) einen Einblick in die Realität HIV-Infizierter auf dem Arbeitsmarkt und stellte das Projekt „positiv werken“ (Positiv arbeiten) vor. Menschen mit HIV könnten 2013 sehr gut auf dem Arbeitsmarkt funktionieren. Doch die Arbeitswelt sei noch immer nicht nicht gut darauf vorbereitet, kritisierte er. Arbeitgeber seien verunsichert, sie forderten mehr Offenheit von Arbeitnehmern über ihren HIV-Status. Den müssen diese jedoch nicht angeben, sondern, wie andere chronisch Kranke auch, nur dann, wenn sie bestimmte Tätigkeiten, wie Schichtdienst oder Nachtarbeit nicht ausführen können. Es sei daher wichtig, Richtlinien und Checklisten für Arbeitgeber zu entwickeln. Das ist eine der Aufgaben des Projektes „positiv werken“, das außerdem die Information über HIV in der Arbeitswelt verbessern will und über eine Hotline bei individuellen Fragen und Problemen Hilfe bietet.

In zwei Arbeitseinheiten mit jeweils drei Workshops, vertieften die knapp 40 Konferenzteilnehmer das Thema weiter. Alexandra Frings und Karl-Georg Rinkleff von der Aids-Hilfe Aachen gingen der Frage „Mit HIV leben – positiv arbeiten?!“ nach. Ausgehend von einer Umfrage der deutschen Aids-Hilfe zu diesem Thema, ließen sie die Gruppe in verschiedene Rollen schlüpfen, die des Arbeitgebers, der Kollegen und die des Infizierten. „Wir müssen uns hüten vor Ratschlägen in die eine oder andere Richtung. Beides, seinen Status bekannt zu machen oder zu verschweigen, kann eine starke Entscheidung sein“, so Karl-Georg Rinkleff. Für die Zukunft sei es wichtig, möglichst viel an Unterstützung für die Betroffenen zu entwickeln und dort aufzuklären, wo noch veraltete Vorstellung über HIV und die Leistungsfähigkeit der Betroffenen herrschten, wie beispielsweise bei den Arbeitsagenturen.

 

Ein besonders schwieriges Arbeitsumfeld ist die verfasste Kirche, wie ein weiterer Workshop zur Stigmatisierung im kirchlichen Dienst deutlich machte. Christoph Simonsen, Leiter der katholischen Hochschulgemeinde Aachen, führte mit einem Referat ins Thema ein. Dabei griff er zunächst den Begriff „Stigma" auf und verwies auf seine doppelte Bedeutung. Stigmatisiert im theologischen Sinne ist jemand, der die Wundmale Christi trägt. Einer solchen Person begegnet die Glaubensgemeinschaft in besonderer Weise mit Respekt und Wertschätzung, da ihr eine besondere Christusnähe zugeschrieben wird. Im gesellschaftlichen Kontext bedeutet Stigmatisierung ebenfalls, dass eine Person durch Abweichung von anderen besonders herausgestellt wird, aber in einem negativen Sinne: Stigmatisierung als ungerechte und unrechtmäßige Ausgrenzung. Der Referent versuchte dann zu verdeutlichen, dass durch die verstärkte Auseinandersetzung HIV-positiver mit der eigenen Begrenztheit oft eine vertiefte spirituelle Reife und eine sehr authentische Glaubenspraxis erwachsen. Doch das Stigma „HIV" als Auszeichnung zu betrachten, mit dem auch positive, für den Glauben und für das Wirken der Betroffenen in der Kirche fruchtbare Aspekte verbunden sind, davon sei die katholische Kirche noch meilenweit entfernt, so die Erkenntnis der Arbeitsgruppe. Im kirchlichen Kontext sei das öffentlich machen einer Erkrankung noch schwieriger als in anderen Bereichen, da hier noch der moralische Aspekt hinzukomme. Die Institution Kirche begegne Infizierten mit Barmherzigkeit, sehe das Virus aber immer noch als Sichtbarwerdung von unmoralischem Verhalten und Sünde. Mit diesem Zwiespalt kämpfen auch diejenigen, die im kirchlichen Bereich mit HIV-Infizierten arbeiten.

Im dritten Workshop berichteten Helene van Erve, Ehrenamtliche bei Buddy Care Limburg und Dominique Goblet, der im Bistum Lüttich tätig ist, von ihren Erfahrungen. Ihr Fazit: die Kirche kümmert sich durchaus, aber sie tut es noch verschämt und im Dunkeln. Dieses Engagement müsse sichtbarer gemacht werden, so Dominique Goblet, doch das gehe nicht von heute auf morgen. Dazu brauche es Orte des Austausches ohne Verurteilung, wie die euregionale Konferenz einer sei. (iba/Na 115)