Spurensuche: Das Bistum Aachen im Nationalsozialismus

„Aktive Erinnerungsarbeit“: Digitale Ausstellung in den Räumen der Nationalparkseelsorge in Kooperation mit dem Landschaftsverband Rheinland eröffnet

Eröffneten die Ausstellung
Eröffneten die Ausstellung "Spurensuche: Das Bistum im Nationalsozialismus": (v.l.) Keywan Klaus Münster, Dr. Helmut Rönz, beide vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Anne Henk-Hollstein, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, Dietmar Jordan, Pastoralreferent bei der Nationalparkseelsorge, und Dr. Norbert Wichard, Bistum Aachen.
Datum:
Mo. 1. Juli 2019
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Aachen, (iba) – Vogelsang mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit ist als Ort eine große Herausforderung. Die „Seelsorge in Nationalpark Eifel und Vogelsang“ arbeitet dort in Räumen eines ehemaligen „Kameradschaftshauses“. In der einen Richtung wandert der Blick in die Natur, der Blick in die andere Richtung macht deutlich: Diesem historischen Gelände ist die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus eingeschrieben. Deshalb ist es der Nationalparkseelsorge und dem Bistum Aachen ein wichtiges Anliegen, auch in der praktischen Arbeit das komplexe Verhältnis von katholischer Kirche zum Nationalsozialismus selbstkritisch zu thematisieren und sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Dies ist der Ansatz der Ausstellung „Das Bistum Aachen im Nationalsozialismus. Eine Spurensuche in Biographien und Ereignissen“, die ab sofort in den Räumen der Nationalparkseelsorge zu sehen ist.

Kirche und Nationalsozialismus hätten einander „in allem Wesentlichen“ ausgeschlossen „wie Licht und Finsternis, wie Wahrheit und Lüge, wie Leben und Tod“, so hatte es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg der Jesuit Anton Koch formuliert. Doch das Verhältnis war komplexer, als es damals den Anschein hatte. „Das Bistum Aachen hat sich der Tatsache, dass es keine einfachen Antworten auf komplizierte Fragen gibt zusammen mit der Abteilung für Stadt- und Landesgeschichte des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte in differenzierter Art und Weise angenommen. Dabei wurde in den breit angelegten Archivrecherchen auch viel Neues ans Tageslicht gefördert“, so Anne Henk-Hollstein, Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland zur Eröffnung der Ausstellung.

Auf Tablets erzählt die digitale Dokumentation in Bild und Text 30 ausgewählte Lebensgeschichten und Ereignisse. Erarbeitet wurde sie von der Redaktion des LVR-Portals Rheinische Geschichte im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte und dem Institut für Geschichtswissenschaft, Abteilung für Geschichte der Neuzeit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, in Zusammenarbeit mit der Nationalparkseelsorge und dem Bistum Aachen. Die Besucher erfahren vom einfachen Kaplan, der mit der Gestapo zusammenarbeitet; vom Bischof, der sich um den Erhalt der Kirche müht; vom Gläubigen, der sich für seine jüdischen Nachbarn einsetzt; vom Katholik, der zum aktiven Nationalsozialisten wird.

Die Biografien und Ereignisse spiegeln Handlungsmuster in ihrer ganzen Bandbreite wider: zwischen Standhaftigkeit und Fanatisierung. Solche Kategorien können nicht eindeutig sein, sie bilden nicht die historische Wirklichkeit ab, sondern verstehen sich als Anregungen zum Nachdenken, führte Dr. Helmut Rönz, LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, in seiner Einführung zur Ausstellung aus.

Dietmar Jordan, Pastoralreferent bei der Nationalparkseelsorge, sagte in seinem Vortrag, die Kirche müsse sich nicht nur ihren Ambivalenzen während der NS-Zeit stellen. Es gehe auch darum, religiös-theologische Überhöhungen ihres Selbstverständnisses in den Blick zu nehmen, die als Rahmenbedingungen ihr zwiespältiges Verhalten damals wie heute begünstigen.

„In der Erinnerung, auch in der eigenen Kirche, wird schnell manche Mittäterschaft vergessen oder ignoriert, manche gute Tat auch glorifiziert. Glaubwürdigkeit, auch der Kirche, bemisst sich daran, genau und kritisch hinzusehen, manches auch mit einem Fragezeichen zu belassen“, sagte Pfarrer Rolf-Peter Cremer, Leiter der Hauptabteilung Pastoral / Schule / Bildung im Bischöflichen Generalvikariat. Fragen, zu denen die Besucher der Ausstellung herausgefordert werden: Wie hätte ich mich selbst damals verhalten? Widerständig? Hätte ich mich verführen lassen? Hätte ich mich aktiv beteiligt oder weggesehen? „So kann Erinnerungsarbeit aktiv in der Gegenwart wirken“, betonte Pfarrer Rolf-Peter Cremer.

Zu sehen ist die Ausstellung „Das Bistum Aachen im Nationalsozialismus. Eine Spurensuche in Biographien und Ereignissen“ für Einzelbesucher ohne Absprache in den Räumen der Nationalparkseelsorge, Vogelsang 86 a (Schleiden): samstags, 6. Juli / 13. Juli / 31. August, jeweils 10.30 bis 13.30 Uhr, sowie Mittwoch, 14. August, und Freitag, 23. August, jeweils 15.30 bis 17.30 Uhr. Termine nach Absprache unter Telefon 02444 / 575 99 87 oder per E-Mail info@nationalparkseelsorge.de 

Mehr zum LVR-Portal Rheinische Geschichte unter: www.rheinische-geschichte.lvr.de  (iba / Na 050)

Spurensuche: Das Bistum Aachen im Nationalsozialismus - Eröffnung der Ausstellung

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