Casitas Bíblicas
Casitas Bíblicas ist eine Basisinitiative im Südosten von Bogotá, mit Schwerpunkt in den drei Stadtteilen Palermo Sur, Diana Turbay und San Agustín. Es gibt viele kleine Geschäfte, Straßenhändler, Restaurants; in den Straßen herrscht tagsüber ein lebhaftes Treiben. Die Menschen wohnen über mehrere Generationen eng beieinander, Einkommen stammen aus unsicheren Tagesjobs, wenige sind fest angestellt. Schulen existieren, teils sind sie schlecht, Berufsbildung oder Studium sind teuer. Das Gesundheitswesen ist nicht erst seit Corona unzureichend und überfordert. Folgen der schon lange bestehenden sozialen Ungerechtigkeit im Land und der fehlenden Perspektive sind bis heute eine hohe Kriminalität und die alltäglich erfahrbare Gewalt in den Vierteln.
2011 wurde das Quartierzentrum von Casitas eröffnet. Viele engagierte Freiwillige und ein vierköpfiges hauptamtliches Team leben dort eine Alternative zum schwierigen Alltag. Das Angebot ist in fünf Themenbereiche gegliedert: Biblische Spiritualität, Urbane Ökologie und Umwelt, Kunst und Kultur, Gesunderhaltung, Gender. Das Zentrum ist der Ort, an dem der größte Teil der zahlreichen Aktivitäten für Menschen aller Generationen und unterschiedlichsten Herkünfte stattfindet: Kurse, Arbeitsgruppen, Sitzungen, Feiern sowie psychosoziale Beratung. Auch nutzen in einem eigenen Raum befreundete auswärtige Gruppen immer wieder die Möglichkeit zur Übernachtung.
Frauen und Männer von Casitas verwirklichen ihren christlichen Glauben im Alltag in Projekten und Aktionen wie etwa in den Dachgärten, in denen Gemüse, Kräuter, Heilpflanzen für den eigenen Bedarf angebaut werden. Kreative Angebote wie Musik, Tanz, Gesang, Theater, Handarbeit geben verschiedenen Altersgruppen je eigene Ausdrucksmöglichkeiten. In Casitas finden LGBTI-Menschen einen Ort, an dem sie ihre Anliegen artikulieren können. Insgesamt wird Casitas immer mehr zu einer gehörten zivilgesellschaftlichen Stimme im Südosten Bogotás. Grundlage allen Tuns ist die gemeinsame Bibellektüre nach der Methode «Vida-Biblia-Vida» (Leben-Bibel-Leben), d.h. das eigene Leben aus der Sicht der biblischen Befreiungsbotschaft zu betrachten und daraus Kraft zu schöpfen für den Einsatz für ein Leben in Würde für alle.
Begonnen hat alles Anfang der 1990er Jahre damit, dass ein paar Ordensschwestern und der damalige Pfarrer ihre Pastoral in dem neu entstehenden Vierteln auf den Fragen, Freuden und Nöten der Menschen aufbauten. Ihre Frage war: welches Licht fällt von biblischen Texten auf die verschiedenen Situationen der Neuankömmlinge? Die Bibel wurde von den Menschen zuhause in kleinen Gruppen gelesen und ausgelegt. Daher auch der Name „Casitas Bíblicas“, sinngemäß übersetzt „Bibel lesen daheim in unseren einfachen Häusern“. Gruppen dieser Art bestehen bis heute, haben sich immer wieder gewandelt und weiterentwickelt. Monatlich treffen sie sich zur „Escuela Bíblica“, der Bibelschule, um gemeinsam über Quellen ihres Engagements angesichts der alltäglichen Herausforderungen nachzudenken, die nächsten Schritte zu planen und ihren christlichen Glauben zu feiern. Casitas Bíblicas ist in diesem Sinne eine ökumenische Bewegung, ökumenisch im Sinne von Zusammenarbeit und Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher christlicher Bekenntnisse zur Verteidigung des Lebens im Gemeinsamen Haus der Erde.