Und schon wieder sind drei Monate rum.
Arbeit mit indigenen Gemeinschaften
Nach einer aufgeregten Zeit zu Beginn des Jahres kehrte im Februar und März ein wenig Alltag ein. Besonders die Arbeit mit indigenen Gemeinschaften, im Rahmen des Projektes "Semilleros del Buen Vivir", nahm wieder Fahrt auf, denn zum Ende des März lief dieses große Projekt aus und musste daher gut zu Ende gebracht werden. Damit einher ging ein umfangreicher Evaluierungsprozess. Für diesen wurden wir im März einige Mal von unterschiedlichen externen Fachkräften besucht, die sich einen Überblick über die getane Arbeit machten und Interviews mit Beteiligten führten.
Zum offiziellen Abschluss der gemeinsamen Projekte wurden Concern Universal-typisch Bäume gepflanzt. Dafür bekamen wir hunderte Setzlinge gespendet und verteilten sie an unterschiedlichen Orten.
Ich muss sagen, dass ich es ziemlich schade finde, dass dieses Projekt nun zu Ende ging, da ich die Arbeit in den Gemeinschaften sehr genossen habe und es mir einen sehr intensiven Einblick in das Leben der ländlichen (indigenen) Bevölkerung ermöglicht hat.
Besuch meiner Familie
Nach ein bisschen Unschlüssigkeit zu Beginn meines Freiwilligendienstes, wer mich nun in der zweiten Hälften besuchen wird und wer nicht, entschieden sich tatsächlich alle vier in den Flieger zu steigen und das Abenteuer zu wagen. Also empfing ich meine Eltern und meine Geschwister in Bogotá und wir begannen unsere gemeinsame Zeit.
Nach zwei Nächten in Bogotá und mit den ersten gesammelten Erfahrungen fuhren wir nach Ibagué und wurden dort sehr herzlich von meinen Kolleg:innen in Empfang genommen. Von ein paar Kindern wurde uns das Viertel gezeigt und wir stiegen auf eine nahe Aussichtsplattform. Am Abend wurden wir vom Team zum Grillen eingeladen und haben, wenn auch mit Sprachbarrieren, einen sehr netten Abend verlebt. In der darauffolgenden Woche haben wir einige andere Orte in Kolumbien bereist.
Tierra Firme
In Tierra Firme, dem Viertel in dem Concern angesiedelt ist, spielt das Wetter verrückt. Die Durchschnittstemperatur von 25 Grad hat sich zwar nicht verändert, jedoch gibt es immer wieder sehr heftige Regenschauer und Gewitter. Vor allem nachts schüttet es wie aus Eimern und nicht nur einmal wurde ich davon mitten in der Nacht geweckt.
Concern Universal liegt ungünstig am Fuß eines höher gelegenen Wohnviertels. Bei starkem Regen ist die Kanalisation schnell überfordert und bei Concern Universal landen Sand und Abwasser vom Berg.
Diese immer wiederkehrenden Wassermengen sind erst seit ein paar Jahren Realität und eine sehr konkrete lokale Folge der Klimaveränderungen.
Zum Glück tritt das Wasser in keines der aktuell genutzten Gebäude ein, doch trotzdem ist es viel Arbeit das Gelände vom heruntergespülten Sand mit Schaufeln und Hochdruckreiniger zu befreien.
Vor kurzer Zeit haben Rubén und ich die Arbeit mit einer Senior:innengruppe aufgenommen. Bereits vor der Pandemie hatte es regelmäßige Treffen der Gruppe gegeben, doch seitdem war es aufgrund von anderen Aufgaben der Organisation nicht dazu gekommen.
In den wöchentlichen Treffen machen wir einige Dehn- und Gleichgewichtsübungen, spielen mit verschiedenen Instrumenten, betätigen uns künstlerisch und tauschen uns über die neuen Geschehnissen im Viertel aus.
Mitte März bekamen wir Besuch von einer engllisch-spanischen Familie. Schon seit vielen Jahren pflegt sie ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit Concern Universal.
Eine Woche haben sie uns bei unserer Arbeit begelitet. Der Sohn spielt professionell Fußball und hat jeden Tag zwei Trainings für die Kinder des Viertels angeboten. Das Training wurde sehr gut angenommen und mit dem Austeilen von Trikots seines englischen Teams am Freitag abgeschlossen.
Seit mehreren Monaten gebe ich neben meinen Englischkursen auch einen Deutschkurs. Es macht mir sehr viel Spaß den Kurs zu geben, doch ich merke auch, dass ich es sehr schwierig finde, meine Muttersprache zu unterrichten, da ich mir über viele Besonderheiten und Eigenarten nicht bewusst bin.
In der letzten Woche hatte ich die Möglichkeit, eine der größten Schulen in Ibagué kennenzulernen. INEM "Instituto Nacional de Educación Media" ist eine Bildungseinrichtung der Sekundarstufe, wie es sie in vielen Städten in Kolumbien gibt. Die Schulen sind öffentlich und genossen zu ihrer Eröffnung vor rund 50 Jahren sehr gutes Ansehen. Mittlerweile spricht man über sie eher in einem negativen Tonfall.
Die Sozialarbeiter von Concern Universal wurden eingeladen, um Workshops mit verschiedenen Gruppen durchzuführen, um die Lösung von Konflikten und das respektvolle Zusammenleben zu fördern.
Unsere Arbeit wurde von den Kindern und Jugendlichen gut angenommen und bereits über einen neuen Termin zur Vertiefung und Festigung der Thematik gesprochen.
In der nächsten Woche werden wir den Workshop auch an einer Schule im Nachbarviertel von Tierra Firme durchführen und auch eine Fortbildung für die Lehrkräfte der beiden Schulen wird gerade erarbeitet.
Sprache
Ich glaube, gute Fortschirtte mit meinem Spanisch in den letzten Wochen gemacht zu haben. Auch weil ich deutlich öfter im Arbeitskontext zu Wort gebeten werde. Es macht mir Spaß auf Spanisch zu kommunizieren und da ich nun doch einen Großteil ganz gut verstehe, frage ich hemmungsloser nach, wenn ich einen Teil nicht verstanden habe. Die Arbeit mit den Senior:innen bietet mir die Möglichkeit, mich in Ruhe mit einzelnen Bewohner:innen des Barrios zu unterhalten und das hilft ungemein beim Trainieren meines Verständnisses.
Hinzu kommt, dass ich während des Besuchs meiner Familie jeden Tag gezwungen war, selbstbewusst Spanisch zu sprechen. Viele Situationen während des Besuchs haben mich gefordert und ein zweites Nachfragen benötigt, doch unterm Strich glaube ich, dass man sich ganz gut auf mich verlassen konnte.
Freiwilligendienst bei Concern Universal
Der Freiwilligendienst ist tief in den Strukturen von Concern Universal verankert. Alle Kolleg:innen haben großes Interesse am Austausch und immer wieder entstehen Gespräche, in denen mir jegliche kolumbianische Eigenheiten erklärt werden.
Auf die grundsätzliche Arbeit hat der Freiwilligendienst wenig Einfluss, denn alle Projekte finden statt, egal ob nun ein:e Freiwillige:r da ist oder nicht. Doch natürlich kann das Angebot durch den/die Freiwillige:n erweitert werden und durch meine Sprachkurse haben auch Personen den Weg zu Concern Universal gefunden, die sonst nicht an den Aktivitäten teilnehmen oder in anderen Teilen der Stadt wohnen.
Der Dienst hat mit Sicherheit einen Mehrwert und auch vom internationalen Austausch profitiere nicht nur ich persönlich, sondern auch das Team von Concern Universal, besonders weil der Freiwilligendienst bei dieser Organisation inzwischen schon eine lange Geschichte hat und der Kontakt nach Deutschland, beziehungsweise nach Kolumbien, sehr gepflegt wird.
Bis bald ;)
Joris