2021 macht Kolumbien eine tiefe Krise durch, aber nicht nur wegen der Pandemie. Das Engagement des Studenten und sozialen Anführers Leonardo Rentería aus dem Departement Chocó ließ das Land in Februar aufhorchen. Er klagte offen Gewalt und Armut in Buenaventura an, dort, wo der Staat überhaupt nichts unternimmt. Zu diesem Zeitpunkt war es aufgrund der schwierigen Lage in dieser Region zu Demonstrationen gegen die Regierung von Präsident Duque gekommen.
Am 20.April 2021 wurden erneut drei Kinder in Quibdó, der Hauptstadt des Departements Chocó, gefoltert und getötet. Allein in diesem Jahr wurden bereits mehr als 70 soziale Führungspersonen und ehemalige FARC-Mitglieder ermordet, die nach dem Friedensabkommen aus den Strukturen der Gewalt ausgestiegen waren.
Hauptursache für die jüngsten Massenproteste vom 28. April war eine Steuerreform, deren Verabschiedung Präsident Iván Duque und Finanzminister Alberto Carrasquilla betrieben, um das wegen der Pandemie wachsende Problem der Staatseinnahmen zu lösen. Seit mehr als 30 Jahren fördern Regierungen in Kolumbien einen neoliberalen Staat, der nur die Interessen einer Minderheit aus Großindustrie und Banken vertritt. Eine solche Reform würde es erlauben, Preise für Grundausgaben wie Miete, Medizin und Lebensmittel zu erhöhen, was den Zugang ärmerer Menschen zu diesen lebenswichtigen Gütern deutlich einschränken würde. Der Blogger und Kleinbauer Ismael Paredes, der in Bogotá demonstriert hat, berichtete, dass die Proteste nicht nur der Steuerreform galten, sondern auch diversen anderen Schieflagen, wie dem strukturellen Rassismus gegen die afrokolumbianische und indigene Bevölkerung sowie der Nichtumsetzung des Friedensabkommens, wie die Maßnahmen der Regierung beweisen. Er sagte, dass die sozialen Medien in Kolumbien nicht neutral informieren, sondern die Proteste „stigmatisieren und kriminalisieren“. Beispielsweise berichten die Nachrichten „offizieller“ Medien wie RCN, Blue Radio und die Präsidentensendung „Vorbeugen und handeln“, die jeden Abend im Staatsfernsehen senden, nur über das Denkmal des spanischen Eroberers Sebastián de Belarcázar, das am 27. April von Indigenen der Ethnie Misak in Cali sehr symbolträchtig zerstört wurde. Dagegen erwähnten sie nichts von den am 20. April getöteten Indigenen, unter ihnen die Indigenenführerin Sandra Peña Chocué aus Caldono, Departement Cauca.
Was ist wichtiger: ein Denkmal oder ein Menschenleben?
Die Realität spricht eine klare Sprache: Ein Großteil der Bevölkerung Kolumbiens fordert Gerechtigkeit, weil die aktuelle Regierung sie enttäuscht hat.
Ismael Paredes hat die beigefügten Bilder aus Bogotá zur Verfügung gestellt.