In einem Interview mit der kolumbianischen Tageszeitung El Espectador hat sich der neue Leiter der Nationalen Sozialpastoral/Caritas, Padre Rafael Martín Castillo Torres, zu neuen Perspektiven des Friedensprozesses nach Amtsübernahme des neuen kolumbianischen Präsidenten Gustavo Petro geäußert. Angesichts der in der Vergangenheit abgebrochenen Verhandlungen mit der zweitgrößten Guerillagruppe ELN, die möglicherweise wieder aufgenommen werden könnten, meinte der aus Cartagena stammende Caritas-Nationaldirektor, es komme jetzt vor allem darauf an, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, um Brücken zu bauen.
Für ganzheitlichere Reformen zur Bekämpfung der Drogenproblematik sieht Padre Castillo vor allem vier Großbaustellen: Der Staat müsse sich besser um die Sicherheit der Bevölkerung v. a. auf dem Land kümmern. Es bräuchte auch ein neues Modell der ländlichen Entwicklung, das die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort stärker miteinbezieht. Außerdem müssten die staatlichen Institutionen für alle da sein und so mehr im öffentlichen Leben verankert werden. Und schließlich sollte die Politik ganzheitlicher an die Probleme der Landfrage herangehen.
Die katholische Kirche war am Zustandekommen der ersten Gespräche zwischen Regierung und ELN beteiligt gewesen und wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch ihre Unterstützung anbieten, wenn es zu einem neuen Gesprächsanlauf kommt.
Die Sozialpastoral, die in Deutschland am ehesten mit dem Caritasverband vergleichbar ist, arbeitet in allen 77 Diözesen Kolumbiens mit einer je eigenen Struktur. Deren Aktivitäten werden im Nationalbüro, das seinen Sitz beim Sekretariat der kolumbianischen Bischofskonferenz hat, gebündelt. Durch ihre Nähe zu Menschen in Not- und Krisensituationen ist die Sozialpastoral über die Konfliktregionen und Menschenrechtsverletzungen im Land gut unterrichtet und ein wichtiger, auch von der Zivilgesellschaft anerkannter Player im nationalen Friedens- und Versöhnungsprozess.