„Der Blick auf das Amazonasgebiet ist sowohl in Bezug auf ökologische als auch kirchliche Reformen immer bedeutender.“ Zu diesem Ergebnis ist Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck am Ende einer Reise des Lateinamerika-Hilfswerks in die brasilianische Amazonas-Metropole Manaus gekommen. Im Vergleich zu seinem Besuch 2010 erlebe er heute eine selbstbewusste Kirche mit einem amazonischen Gesicht. „Dieses neue Selbstbewusstsein hat Papst Franziskus angestoßen mit den Themen, die er setzt, und mit seinen Schriften, wie zuletzt dem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ nach der Amazonien-Synode von 2019“, so der Bischof von Essen. Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier, Adveniat-Geschäftsführerin Tanja Himer und Brasilienreferentin Ingrid Schuchhardt haben dem Vorsitzenden der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für Adveniat, Bischof Franz-Josef Overbeck, den Mitgliedern der Unterkommission Weihbischof Rolf Steinhäuser aus dem Erzbistum Köln, Weihbischof Matthias König aus dem Bistum Paderborn und Weihbischof Jörg Michael Peters aus dem Bistum Trier sowie den Aufsichtsrats-Mitgliedern Christiane Fuchs-Pellmann, Christiane Jansen und Helge Wulsdorf auf einer viertägigen Reise ins Amazonasgebiet die Arbeit des Lateinamerika-Hilfswerks und seiner Projektpartnerinnen und Projektpartner sowie die Themen, die die Menschen vor Ort bewegen, vorgestellt.
In den Gesprächen und Begegnungen seien immer wieder genau die Fragen angesprochen worden, die auch in Deutschland die Katholikinnen und Katholiken bewegen: Wie ist die Kirche zu leiten? Wie reagiert Kirche auf die sich spürbar verändernde Rolle der Frauen? Wie muss Kirche sein angesichts weniger werdender Priester? Wie gehen wir mit der Sexualität und der Sexualmoral der Kirche um? Für Adveniat-Bischof Overbeck ist klar: „Es gibt eine weltweite Entwicklung, auf die wir gemeinsam reagieren müssen, auch wenn die Antworten regional unterschiedlich akzentuiert sein werden.“ Dass diese Zukunftsfragen von allen in der Kirche und nicht nur von den Bischöfen beraten und entschieden werden können, hat Lateinamerika bereits vorgemacht: Die Bischofsversammlungen wurden zuletzt durch eine Kirchliche Versammlung abgelöst, an der alle Teile der Kirche beteiligt waren.
Beeindruckt zeigte sich Adveniat-Bischof Overbeck von der Breite der Projekte, die das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat in der Großstadt Manaus aber auch beispielsweise mit Flussrandbewohnern entlang der Nebenflüsse des Amazonas fördert: Suppenküchen versorgen Indigene, die am Stadtrand gestrandet sind, mit dem nötigsten. Von Bildungs- und Ausbildungsprojekten sowie einer Öffentlichkeitsarbeit mithilfe von Radiosendern profitieren insbesondere die Armen. Und in der „Casa Amazonica“, dem amazonischen Haus, werden alternative Wirtschaftsmodelle entwickelt, wie sie von Papst Franziskus angeregt werden. „Es ist die Aufgabe von Adveniat eine Entwicklung der Kirche und der Menschen zu fördern, die dem Gemeinwohl und rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet ist. Und wenn man mit eigenen Augen sieht, wieviel Wald beispielsweise für ein Kaliwerk abgeholzt wird, dann ist das keine Entwicklung, die dem Gemeinwohl dient“, kritisiert Bischof Overbeck.
„Wir haben als Europäer nicht nur eine historische Schuld aufgrund der gewaltsamen Eroberung des Kontinents, bei der Kirche und Schwert ein verhängnisvolles Bündnis eingegangen sind, sondern auch eine ökologische“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat Pater Martin Maier. Die Ungerechtigkeit, dass diejenigen am meisten unter den Folgen des menschengemachten Klimawandels zu leiden haben, die am wenigsten dazu beigetragen haben, mussten die Menschen am Amazonas erst vor wenigen Monaten wieder erleben. Der Amazonas hatte einen Rekord-Niedrigwasserstand erreicht, sodass die Gemeinden von Flussrandbewohnern und Indigenen kaum oder gar nicht mehr mit dem Boot erreichbar waren. Kinder konnten nicht in die Schule gehen. Menschen konnten nicht mit Nahrungsmitteln versorgt werden. „Diese Folgen stehen in einem globalen Zusammenhang, sind Folge des ungebremsten Kohlendioxid-Ausstoßes der Menschen in den reichen Ländern des Nordens“, prangert Pater Maier an.
Der Adveniat-Hauptgeschäftsführer sieht sich bestätigt in der Fokussierung der Unterstützung für die Armen im Amazonasgebiet. Sie sollen in die Lage versetzt werden, ihre Armutssituation selbst zu überwinden und die Zukunft zu gestalten. „Eine indigene Gemeinschaft hat uns von den Plänen einer transnationalen Firma berichtet, Kali abzubauen. Das würde bedeuten, dass Böden und Umwelt massiv zerstört würden und damit die Lebensgrundlage der Indigenen.“ Hier werde Adveniat mit dem Indigenenrat der katholischen Kirche Cimi rechtlichen Beistand leisten. Schließlich garantiere die brasilianische Verfassung, dass indigene Völker angehört werden müssen, wenn ihre Gebiete betroffen sind. „Bei der Unterstützung der Projekte in Lateinamerika leitet Adveniat die Option für die Armen und die Sorge um unser gemeinsames Haus, wie es Papst Franziskus formuliert hat“, fasst Adveniat-Hauptgeschäftsführer Pater Maier abschließend zusammen.
Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Getragen wird diese Arbeit von vielen Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten 1.500 Projekte mit rund 32 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Menschen vor Ort.