Das zweitgrößte Karnevalsfest Kolumbiens, das wie das größte in Barranquilla an der Karibikküste (an den Tagen vor Aschermittwoch) zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO gehört, findet jährlich vom 2. bis 6. Januar im südkolumbianischen Pasto statt. Der „Karneval der Schwarzen und der Weißen“ hat im Laufe der Jahrhunderte viele Traditionen in sich aufgenommen. Seine heutige Form wird seit etwa 100 Jahren in der Hauptstadt des Departements Nariño gefeiert.
Die älteste Schicht ist vermutlich ein indigenes Mondfest in Zusammenhang mit der Ernte, das aus der Zeit vor der spanischen Eroberung stammt und um den Jahreswechsel des europäischen Kalenders gefeiert wurde. Ein weiterer historischer Anlass sind Aufstände afrokolumbianischer Sklaven im 19. Jahrhundert, die sich zum einen im Gedächtnis der afrokolumbianischen Bevölkerung festsetzten, zum anderen zu einigen wenigen Zugeständnissen für die Sklaven wie einem freien Tag vor dem Dreikönigsfest führten, der zumeist mit ausgelassenen Feiern begangen wurde.
Die tollen Tage in Pasto, an denen es wie im Rheinland große Umzüge mit kostümierten Gruppen, Musikkapellen und Mottowagen gibt, beginnen mit dem Kinderkarneval (El Carnavalito) am 2. Januar. Es folgt die sogenannte „Ankunft der Familie Castañeda“ am 4. Januar. Am „Tag der Schwarzen“ (5. Januar) malen sich viele Mitfeiernde schwarz an, während am „Tag der Weißen“ (6. Januar) alle Jecken weiß geschminkt und gekleidet sind und mit Mehl und weißem Pulver um sich werfen. An diesem letzten Tag findet der größte Umzug statt.
Wie im Rheinland wirft der Karneval in Pasto seine Schatten auch schon im alten Jahr voraus. Am 7. Dezember, dem Vorabend des Hochfestes Mariä Empfängnis, das in Kolumbien ein staatlicher Feiertag ist, findet die "Nacht der Kerzen" statt. Mit Laternen und Feuerwerk hat sie viel Ähnlichkeit mit rheinischen Bräuchen zum Martinsfest am 11. November, dessen Datum hierzulande ebenfalls die Karnevals-Session eröffnet, und mit dem hiesigen Silvester.
Auch die am 16. Dezember beginnende Weihnachtsnovene, die in allen Familien, Nachbarschaften und Freundeskreisen neun Tage lang mit besinnlichen Elementen, aber vor allem feucht-fröhlich begangen wird, hat viel stärker als in Deutschland einen Charakter, der der Ausgelassenheit von Fastnachtsfeiern entspricht.
Am Gedenktag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) werden in Pasto und Umgebung teilweise die Bräuche des nahegelegenen Nachbarlandes Ecuador aufgegriffen, bei denen sich Menschen gegenseitig überraschen, indem sie anderen einen Eimer Wasser über den Kopf gießen.
Der Silvestertag als „Tag der alten Jahre“ gilt in Pasto schließlich als der endgültige Karnevals-Countdown.