Bei einem mehrstündigen Austausch im Aachener Bischofshaus haben sich der Nationaldirektor der Sozialpastoral/Caritas Kolumbien Monsignore Héctor Fabio Henao und Bischof Helmut Dieser über zentrale aktuelle Themen in der kolumbianischen und deutschen Gesellschaft und Kirche ausgetauscht.
Der kolumbianische Gast, der Grüße vom neugewählten Vorstand der kolumbianischen Bischofskonferenz mitbrachte, berichtete über die Entwicklung seit den jüngsten Protesten gegen Gesetzesänderungen der Regierung. Auffällig sei dabei, so Monseñor Henao, die große Zahl der jungen Menschen, die in den Demonstrationen ihre extreme Perspektivlosigkeit als massive Anfrage an die staatliche Bildungs-, Arbeits- und Sozialpolitik artikulieren. Dabei ginge es den Demonstrierenden immer wieder darum, überhaupt mit den eigenen Anliegen gehört zu werden und durch demokratische Formen der Mitbestimmung neue Hoffnung auf Verbesserung ihrer Situation zu schaffen. Nur so könne Vertrauen in Staat und Gesellschaft zurückgewonnen oder aufgebaut werden. Ähnliches gelte für die Aufarbeitung des seit 60 Jahren andauernden bewaffneten Konflikts mit mehr als 200.000 Todesopfern und bislang 8 Millionen Binnenvertriebenen. Die Umsetzung des vor fünf Jahren zwischen der kolumbianischen Regierung und der größten Guerillagruppe FARC geschlossenen Friedensabkommens ist unter dem aktuellen Präsidenten nahezu zum Erliegen gekommen. Die Kirche begleitet viele Opfer, z. B. bei der Arbeit der nationalen Wahrheitskommission. Sie entwickelt und fördert von der lokalen bis zur nationalen Ebene Initiativen, die sich gegen Polarisierung und Gewalt und für Versöhnung und Frieden einsetzen. Dabei ist der Ansatz der Sozialpastoral hilfreich, der bei den Lebenswirklichkeiten und Nöten der Menschen ansetzt. Darin sind klassische Hilfe-Themen der Caritas verbunden mit einer Gemeinwesenorientierung.
Bischof Dieser zeigte sich beeindruckt von der Vielzahl der Probleme und Lösungsansätze. Er beschrieb dem Gast aus dem lateinamerikanischen Partnerland aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen in der Bistumsregion, der Kirche von Aachen und in Deutschland. Dabei spielte der in die Zielgerade gehende diözesane synodale Gesprächsprozess Heute bei dir, aber auch der Synodale Weg auf gesamtdeutscher Eben eine zentrale Rolle. Auch hier bei uns, so Dieser, sei es von zentraler Bedeutung, Einschätzungen der aktuellen Lage und Vorschläge für eine Neuausrichtung der Pastoral von möglichst vielen Gruppen einzuholen und in die Suche nach neuen Wegen einzubinden.
An dem Gespräch nahmen auch der neue Diözesancaritasdirektor Stephan Jentgens und Vertreter des Fachbereichs Weltkirche im Bischöflichen Generalvikariat teil.