Viele Augenschäden bei Protesten in Kolumbien

Menschenrechtsorganisationen beklagen überzogene Polizeigewalt

Ausschreitungen in Kolumbien (c) pixabay.com
Ausschreitungen in Kolumbien
Datum:
Mi. 1. Dez. 2021
Von:
Carina Delheit

In dem Bericht „Colombia: Shoot on Sight: Eye Trauma in the Context of the National Strike“ (Kolumbien: Auf Sicht schießen. Augenverletzungen bei nationalen Streiks) wird die immense Gewalt von Polizeikräften gegenüber Demonstrierenden bei den landesweiten Protesten verdeutlicht. Dabei wird die Gewalt, die zu irreversiblen Augenschäden bei Protestierenden führte, besonders hervorgehoben. Der Bericht verdeutlicht neben der Gewaltanwendung auch die Behinderungen bei angemessener medizinischer und psychosozialer Versorgung nach Augenverletzungen während der Streiks. Bei den Verletzungen gehen die Opfer von gezielten Angriffen aus, mit denen die Protestierenden für die Ausübung ihres Rechts auf sozialen Protest bestraft werden sollten.

Amnesty International, Temblores und PAIIS fordern die kolumbianischen Behörden auf, den Empfehlungen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission nachzukommen: Der Einsatz nicht-tödlicher Waffen muss strengen, öffentlich zugänglichen Protokollen unterliegen. Zur Verhinderung der aktuellen, übermäßigen Gewaltanwendung bei Protesten, müssen die kolumbianischen Behörden eine strukturelle Reform der nationalen Polizei durchführen, insbesondere der Bereitschaftspolizei 'ESMAD' (spezialisierte Polizeieinheit, die 1999 zur Bekämpfung von Aufständen gegründet wurde). Es bedarf zudem unabhängiger und wirksamen Überwachungssystemen und Untersuchungsprotokollen zur Beurteilung polizeilicher Übergriffe. Neben diesen Überwachungssystemen müssen Opfer von Augenverletzungen und geschlechtsspezifischer Gewalt die erforderliche medizinische und psychosoziale Unterstützung erfahren. 

Der Koordinator der Beobachtungsstelle für Polizeigewalt von Temblores, Alejandro Rodríguez, fordert: „Polizeigewalt darf nicht länger zu unserem Alltag gehören. Wir dürfen uns nicht daran gewöhnen, dass der Staat wahllos die Rechte der Bürgerinnen und Bürger verletzt, ganz zu schweigen von denjenigen, die ihr Recht auf Protest wahrnehmen. Die Fälle von Polizeigewalt und insbesondere die Augenverletzungen während des Streiks 2021, die wir auf unserer Plattform registriert haben, zeigen, dass das Vorgehen der Polizei nicht den internationalen Menschenrechtsstandards entspricht und dass eine Polizeireform notwendig ist, um die Sicherheit und das Leben der Menschen zu gewährleisten“. 

Weitere Informationen unter: https://www.amnesty.ch/de/laender/amerikas/kolumbien/dok/2021/augenverletzungen-durch-polizeigewalt-gegen-demonstrierende