Aus der KirchenZeitung: Wir sollten reden

„Brand spricht“ bringt verschiedene Meinungen an einen Tisch

Datum:
Mi. 18. März 2020
Von:
KirchenZeitung, Ausgabe 12/2020 | Andrea Thomas

An Themen, die Menschen auf den Nägeln brennen und zu denen es ganz unterschiedliche Sichtweisen gibt, mangelt es derzeit nicht. Wohl aber an einem echten Gespräch auf Augenhöhe und von Angesicht zu Angesicht mit demjenigen, der anderer Meinung ist. Das Format „Brand spricht“ möchte das ändern und lädt zum Austausch über lokale bis globale Themen.

Die Idee dazu, erzählt Gereon Hermens, einer der Organisatoren, sei entstanden, nachdem er vor gut anderthalb Jahren auf die Aktion „Deutschland spricht“, die das Debattenklima verbessern will, aufmerksam geworden sei. „Da steckte so viel Energie drin, das wollte ich im Kleinen gerne in unserem Stadtteil und unserer Pfarrei ausprobieren“, erzählt er. In Hella Fuchte, Stefanie Ziemons, Willi Homberg, Frank Sukkau und Karl Simons fand er Mitstreiter, die sagten: „Das versuchen wir.“

„Wir leben immer mehr in unseren eigenen Filterblasen, und Gespräche finden überwiegend dort statt. Das wollen wir aufbrechen, einen Raum schaffen, in dem Kontroverse möglich wird“, sagt Hella Fuchte. Stefanie Ziemons ergänzt: „Wir wollen über den eigenen Tellerrand hinausschauen, versuchen, jemand anderen noch einmal anders wahrzunehmen, gerade auch, wenn der eine Meinung vertritt, die nicht unserer eigenen entspricht. Das geht am besten, wenn man sich wertschätzend, auf Augenhöhe unterhält und sich dabei sieht.“ Viele hätten das Gefühl, nicht mehr gehört zu werden, zum Beispiel, wenn es um gesellschaftliche oder politische Themen gehe, sagt Gereon Hermens. Ihr Format will einen Rahmen schaffen, in dem Menschen einander mal wieder zuhören, Argumente direkt miteinander austauschen statt nur in den sozialen Medien zu kommentieren oder über Leserbriefe zu kommunizieren.

Beim „Tag der Vereine“ 2019 stellte das Team seine Idee eines Gesprächsformates vor und sammelte mögliche Themen. Am 30. September war schließlich Premiere zu „Brand spricht“ in den Räumen des „Mobilé“ in St. Donatus – als Mehrgenerationenhaus, wie das Team meint, der perfekte Ort dafür. Nach einem lockeren thematischen Einstieg und etwas Klaviermusik ging es an den Tischen in kleine Gesprächsrunden zu den verschiedenen Themen, wobei ein Tisch für ein spontanes Thema reserviert war. So oder so ähnlich – noch experimentiert das Team etwas mit dem Konzept – haben Initiatoren seitdem mit Interessierten unter anderem über „Maria 2.0“ oder Mobilität in Aachen gesprochen. Ende Januar hatten sie dann Bastian Berbner, Journalist des Wochenmagazins „Die Zeit“, zu Gast, der über sein Buch „180 Grad. Geschichten gegen den Hass“, das genau die Gespräche dokumentiert, die auch die Brander sich wünschen, und seine Recherche dazu erzählte. Ein Abend, der, obwohl diesmal nur Vortrag, sehr gut angekommen sei. „Gut 200 Besucher, und wir haben da gesessen und alles aufgesaugt wie Schwämme“, schildert Stefanie Ziemons immer noch begeistert.

Klein anfangen und Kreise ziehen

Unterstützung findet das Format inzwischen unter anderem durch die Bürgerstiftung Aachen, die es auch gerne in andere Stadtteile tragen möchte. Was auch das „Brand spricht“-Team gut fände. „Wir haben die Idee ja nicht exklusiv, aber irgendwo muss man mal anfangen, und das geht am besten im Kleinen“, sagt Gereon Hermens. Einfach mal aktiv werden, einen ersten Schritt im Kleinen versuchen, das will auch ihr nächster Gesprächsabend, an dem es um demokratische Beteiligungsformen gehen soll. Beispiel dafür wird der Bürgerdialog des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft sein, der Bürger per Losverfahren auswählt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich aktiv an der Regionalpolitik zu beteiligen. Als Impulsgeber wurde dazu der Präsident des DG-Parlaments und Mitbegründer des Losverfahrens, Alexander Miesen, eingeladen. „Wie das funktioniert, wollen wir uns anhören und darüber ins Gespräch kommen und vielleicht – wenn Interesse da ist – das auch mal vor Ort ausprobieren“, skizziert Hermens die Überlegungen. „Bürger sind wir schließlich alle“, erklärt Stefanie Ziemons, „und als solche sind wir auch gefragt, wenn wir unsere Energie nicht nur ins Meckern stecken wollen.“

Geplant ist die nächste Auflage mit dem Thema „Demokratie, bitte bleib!“ für den 30. März, 19.30 Uhr im „Mobilé“, Hochstraße 16, Aachen. Aktuelle Infos und ob es in Zeiten von Corona beim Termin bleibt: www.mobile-brand.de