Vor 8o Jahren, in der Nacht vom 3o. auf den 31.August 1943, wurde bei einem großen Bombenangriff auf Mönchengladbach die damalige Hauptpfarrkirche sehr schwer getroffen und brannte aus. Im Gedenken daran möchten wir im September diesen Jahres mit einer Ausstellung in der Citykirche daran erinnern.
Was die Besucher*innen in diesem Monat September vorfinden ist aber keine Ausstellung im üblichen Sinne. An fünf verschiedenen Orten der Citykirche sind sie eingeladen innezuhalten und zu schauen; aber alles Schauen wird unweigerlich Erinnerungen, Empfindungen, Fragen, vor allem aber Traurigkeit und Dankbarkeit nach sich ziehen.
Viele Gäste der Citykirche haben erlebt, was in diesen Tagen vor 80 Jahren geschehen ist. Ich bin dankbar für die Gespräche, die ich in den ersten Tagen dieser Ausstellung schon führen durfte mit den Gästen, die diese Ausstellung besucht haben. Viele ältere Damen und Herren haben mir ihre Erlebnisse anvertraut, die ihnen unvergesslich lebendig sind und die sie mit dieser schweren Zeit verbinden. Es ist gut, dass wir einander erzählen: die Älteren den Jungen und die Nachkriegsgenerationen den Kriegsgeplagten; erzählen von Erlebtem und Erlittenem ebenso wie von Ängsten und Befürchtungen. Im Erzählen wächst Erkenntnis und ein wachsendes Verantwortungsbewusstsein für die Zeit heute.
„Nie wieder“ – diese Einsicht wuchs schon bald nach Kriegsende und sie ist heute mehr denn je von zukunftsträchtiger Bedeutung, angesichts der Tatsache, dass es rechtsradikale Tendenzen in unserer Gesellschaft gibt, die sich immer mehr Bahn brechen. Dass ein politischer Verantwortungsträger einer rechtsradikalen Partei unbekümmert Angst schüren kann vor einem inklusiven Schulunterricht und lauthals in öffentlichen Interviews bedauert, dass die gesunden Kinder in der Schule nicht mehr ihren Fähigkeiten gemäß gebildet werden können, da sie von beeinträchtigten Schüler*innen ausgebremst werden, ist ein Skandal und muss alle Alarmglocken läuten lassen.
Als Glaubende und als Kirche haben wir die Verantwortung, ein Menschenbild zu stärken, das niemanden ausgrenzt, keinen vorverurteilt und der Überzeugung Ausdruck verleiht, dass nur in einem achtungsvollen Miteinander die Wege in die Zukunft gelingen können. Wir als Glaubende, aber auch wir als kirchliche Gemeinschaft tragen hier eine hohe Verantwortung. Damals haben die Kirchen zu spät gemerkt, wie das schleichende Gift der Unmenschlichkeit sich durch oberflächliche Parolen in die Köpfe und Herzen der Menschen einnisten konnte. Heute müssten wir gewarnt sein und aufstehen gegen alle Versuche, einen Spaltkeil in unsere Gesellschaft zu schlagen.
So versteht sich diese Ausstellung auch als Einladung, miteinander ins Gespräch zu kommen und in Sprache und Tat Achtsamkeit und Respekt einzufordern. Eine Station erschrickt mich immer wieder in besonderer Weise, wenn ich durch die Citykirche gehe. An einer Säule steht ein Plakat wo draufsteht: „Wortmüll“. Und darunter finden sich Worte, Begriffe, Überzeugungen, die mir Angst einjagen, da sie teilweise für einige Menschen zum normalen Sprachjargon geworden sind. Sprache kann so verräterisch sein.
Da ist es gut, dass wir in unseren Gottesdiensten eine andere Sprach sprechen, eine Sprache der Wertschätzung und des Sich-verdankt-wissens. So lade ich in diesem Monat besonders zu unseren Gottesdiensten Sonntag Abends und Dienstag Mittags ein. Hier können wir einander und Gott anvertrauen und stärken mit einem Geist, der es gut meint, mit uns, mit den Menschen, mit der Welt.
Euer
Christoph Simonsen