Gedanken über Wesen und Sinn des Segens

20140901_175309 (c) Chr. Simonsen
Datum:
So. 28. Juni 2020
Von:
Christoph Simonsen

Da haben die Mitarbeitenden in den Redaktionen nicht schlecht geschaut, als ihnen Anfang dieser Woche eine Einladung auf den Schreibtisch flatterte mit der Bitte um Berichterstattung: „Sehr geehrte Medienvertreterinnen und Medienvertreter, ein neues Gitter schützt seit einigen Wochen die Nordseite des Kölner Domes vor Vandalismus und Verunreinigung. Am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus, dem Patrozinium der Hohen Domkirche St. Petrus Köln, wird der emeritierte Dompropst Gerd Bachner das Gitter segnen. Dazu laden wir herzlich ein am Montag, 29. Juni 2020, 11.00 Uhr.“

Ein Gitter soll also gesegnet werden, einige Tonnen Stahl sollen unter den besonderen Schutz des gütigen Gottes gestellt werden.  Ein Schutzschild mit den Ausmaßen von 49 Meter Länge und 3 Meter Höhe soll Gott bewahren vor Wildpinklern und Randalierern.

 

Grund genug, einige Gedanken zu sammeln über Wesen und Sinn des Segens, so finde ich.

Die erste Erwähnung des Segens in der Heiligen Schrift findet sich schon im 1. Buch der Bibel unter Gen.1, 27-28: „Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, er schuf Mann und Frau. Er segnete die Menschen und sagte zu ihnen ‚seid fruchtbar’ ...“ Noch bevor Gott das Wort an die Menschen richtet, segnet er sie; noch bevor er Auftrag und Bestimmung des Menschen formuliert, segnet er sie. Im Segen darf der Mensch sich als von Gott berührt wahrnehmen. Man darf davon ausgehen, dass der Begriff „Segen“, dem lateinischen „signum“ angelehnt ist und so ein göttliches „bezeichnet-sein“ zum Ausdruck bringt.

 

Zugleich drückt der Segen aber auch eine Erwartungshaltung des Gesegneten aus. Wer um einen Segen bittet oder ihn schenkt, vertraut auf eine heilsame Zukunft und hofft auf etwas, was aus eigener Kraft alleine nicht gelingen würde: eben die Erfüllung einer göttlichen Verheißung eines ‚Mehr’ an Leben, welches Gerechtigkeit, Solidarität, Frieden und Verbundenheit ersehnt.

 

Segen geschieht an Wendepunkten des Lebens. Er wird erbeten zu Beginn eines neuen Lebensabschnittes, in der Phase wesentlicher Entscheidungen, zu Beginn neuer Aufbrüche auf unvertrauten Wegen. So strahlt der Segen hinein in eine noch ungewisse Zeit und schenkt Kraft, Zuversicht und Mut. Bei Gen 12,1 ermutigt so der Segnende die Gesegneten: „Verlass deine Heimat.... und zieh in ein Land, das ich dir zeigen werde.“ Und durch den Mund des Propheten Jeremia verspricht Gott: „Ich will euer Glück und nicht euer Unglück. Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben.“

 

Der Wunsch nach einem Segenszuspruch beinhaltet die heilsame Selbsteinschätzung, aus sich heraus alleine nicht sinnvoll leben zu können. Wiederum im 1.Buch der Bibel (gen 32,27) dürfen wir dies wahrnehmen im Kampf Jakobs mit Gott. Jakob tritt Gott ehrlichen Herzens gegenüber und ruft ihm zu: „Ich lasse dich erst los, wenn du mich gesegnet hast“.

 

Diese – sicher sehr verkürzten – Gedanken über den Segen bringen doch eines zum Ausdruck: Ein Segen ist ein lebensermutigendes Geschehen zwischen Gott und Mensch.

 

Solange ein Weihbischof des nämlichen Bistums mit großer Medienwirksamkeit aus dem Gesprächsprozess des synodalen Weges der Deutschen Kirche aussteigen kann, wo unter anderem über Segensfeier für Menschen gerungen wird, die – nach kirchlichem Recht – in „ungeordneten Verhältnissen“ leben, also zum Beispiel wiederverheiratet Geschiedene oder homosexuell liebende Menschen, mit der Begründung, er könne mögliche Segensfeiern aus seinem Glauben heraus nicht verantworten; und solange der Co-Vorsitzende dieser Arbeitsgruppe im Verlauf eines Gespräches mit jungen Erwachsenen seiner Überzeugung Ausdruck verleiht, es müssten noch viele Fragen gestellt und beantwortet werden, bevor über einen Segen für diese Menschen entschieden werden kann und verkennt, dass seit mindestens dreißig Jahren diese Frage rauf und runter diskutiert worden sind, solange möchte ich nicht darüber nachdenken, Schutzgitter zu segnen in einem feierlichen und öffentlichen Rahmen, dazu ist mir der Segen Gottes zu kostbar.

Euer Christoph Simonsen