Meine Gedanken zum Ostersonntag

Datum:
So. 9. Apr. 2023
Von:
Ursula Fabry-Roelofsen

Meine Gedanken am Ostermorgen:

Hört ihr auch, wie uns das Leben entgegensingt. Noch halb verschlafen, die Gedanken noch nicht sortiert, da zwitschert uns ein Vogel sein Lied ins Ohr. Wir leben, wir dürfen leben; die Sonne geht auf, es wird wärmer. Manchmal ist das Leben wirklich schön. Ostern ist das Leben schön. Oder noch besser: Ostern macht das Leben schön. Oder ist das Lebensfest „Ostern“ zu schön, um wahr zu sein.

Nun, da wir das Osterlicht entzündet haben, das Wasser wieder neu als Lebenselixier gesegnet haben, da möchte ich am liebsten mit Euch in das Lied der Toten Hosen einstimmen: „An Tagen wie diesen, wünscht man sich Unendlichkeit. An Tagen wie diesen haben wir noch ewig Zeit, wünsch' ich mir Unendlichkeit. Das hier ist ewig. Ewig für heute. Kommen nicht mehr runter. Sind schwerelos“. „An Tagen wie diesen, wünsch ich mir Unendlichkeit“.

Ostern ist so ein schönes Fest. Aber Feste berauschen und gehen vorüber. Kommt morgen die Ernüchterung, dass das Leben eben kein Fest ist?

 

Ja, es tut gut, das Leben in den Mittelpunkt allen Denkens und Fühlens zu stellen. Wer würde nicht freudespringend um 4 aus dem Bett springen, wenn er wüsste, er würde mit ganz viel heilem, starkem, gesundem Leben beschenkt. Aber wer weiß das schon, wenn er morgens aufsteht? Wer weiß, wenn er in den Tag hineingeht, dass es ein wirklich liebenswürdiger und lebenswürdiger Tag werden wird. Wer kann sich darauf verlassen, dass er das Leben wirklich spürt, wenn er dann nach dem Frühstück aus dem Haus geht: dieses freie, heile, Fesseln sprengende Leben? Wer kann sich darauf verlassen, dass er abends nach Hause kommt und aufgetankt ist mit Leben, das keine Angst hat vor der Dunkelheit der nahenden Nacht? Wer kann sich eines erfüllten Lebens sicher sein?

 

Wir alle wissen es doch, haben es schon erfahren, hautnah, dass uns das Leben einen Strich durch die Rechnung machen kann und plötzlich alles wie tot erscheint, kein Hauch von Leben mehr zu spüren ist. An Tagen wie solchen, da wünscht man sich alles andere, aber am wenigsten Unendlichkeit, da wünscht man sich lieber, alles vergessen machen zu können. Macht Ostern das Leben schön, oder berauscht es nur für einen Augenblick? Singen wir uns das Leben manchmal schön, weil es sonst unerträglich wäre? Und das Zwitschern der Vögel: übertönt es nicht nur das Schweigen der Ratlosigkeit?

 

Nein! Wer einen Vogel singen hört, der kann nicht anders, der horcht auf und spätestens dann erinnert sich der Mensch, was es heißt, frei zu sein, und da erwacht die Gewissheit, dass es immer irgendwo ein Nest gibt, das Schutz und Wärme schenkt. Wer einen Vogel singen hört, der erinnert sich daran, dass sich hinter jedem Horizont die Weite der Unendlichkeit auftut und da wächst Mut, den Sprung ins Ungewisse zu wagen in der Zuversicht, nicht ins Bodenlose zu fallen.

Letztens sah ich einen alten, verknöcherten Baum an der Außenwand eines alten Hauses. Eigentlich müsste er beschnitten werden, zu sehr wuchern die Äste ins Mauerwerk. Aber der Hausbesitzer hielt sich zurück, wartete. Warum? In den verästelten Zweigen hat eine Amsel ihr Nest gebaut. „Ich habe in den Ästen ein Nest gefunden; eine Amsel brütet dort ihre Eier.“

 

Unsere Osterkerze ist bisher noch ziemlich unberührt. Während wir die Gaben für das Liebesmahl bereiten, möchte ich Euch und Sie einladen, unserer Osterkerze noch mehr Leben aufzudrücken. In unserem Osternest findet ihr, finden Sie kleine Wachsmenschen. Sie stehen symbolisch für viele reale Menschen, die ihr kennt, die Leben oder schon gestorben sind. Ihr Leben soll unsere Kerze, soll unsere Welt noch mehr zum Leuchten bringen. Nehmt gerne eine kleine Wachsfigur in eure Hände wärmt sie mit eurem Leben und heftet sie an die Kerze an. So bleiben sie in unendlicher Erinnerung und leuchten in die Ewigkeit der Liebe Gottes hinein.