Es braucht angesichts dessen dringend Foren, die einen gemeinsamen Dialog über die ethische Begleitung der Digitalisierung ermöglichen. Einen solchen Ort bot die 3. Dialogveranstaltung von Bistum Aachen und Domkapitel Aachen. 120 Vertreter aus Unternehmen, Wissenschaft und Kirche trafen sich in der Citykirche St. Nikolaus zum Austausch.
Als Impulsgeber schärfte Frank T. Piller, Innovationsforscher an der RWTH Aachen, den Blick auf die Ausgangslage. Die Vernetzung von Daten und Diensten eröffne große Potenziale, Dinge effizienter zu tun. Ob diese Chance ergriffen würde, hinge allerdings von den Entscheidungen im Unternehmen ab, ob es sich diesem Wandel in aller Konsequenz stelle. Piller
machte deutlich, dass er diese strategische Frage als Überlebensfrage begreift. Mit der erheblich wachsenden Produktivität durch Digitalisierung verbinden sich viele ökonomische und soziale Fragen. Wie geht man damit um? Die deutschen Unternehmen seien oft noch einseitig auf Kostenreduktion fixiert, während amerikanische Firmen ihren Fokus darauf legten, ihre Produkte und Dienstleistungen mit zusätzlichen digitalen Diensten anzureichern.
Kritisch betrachtete Piller den Umstand, dass die enormen Digitalisierungsgewinne weder den Beschäftigten noch der Gesellschaft zugute kämen. Es brauche da neue Instrumente, um die Grundlagen des Gemeinwesens zu erhalten. Der Innovationsforscher brachte eine Maschinensteuer auf Algorithmen zur Sprache und bekannte, dass auch die Frage eines bedingungslosen Grundeinkommens neue Relevanz bekäme.
Dem schloss sich Joachim Söder von der Katholischen Hochschule Aachen an. Er sieht große Chancen in den neuen Technologien: Sie könnten den Menschen neue Freiräume verschaffen und einen Beitrag zur Humanisierung der Arbeitswelt leisten. Grundsätzlich könne sich die Teilhabe der Menschen an Wirtschaft und Gesellschaft verbessern durch die allgegenwärtigen, flexiblen Zugänge. Allerdings müsse dieser Prozess politisch gesteuert werden. Die Richtung, mit der es Rahmenbedingungen für den digitalen Wandel abzustecken
gelte, gäben Antworten auf die Frage vor: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?
Ein wichtiger Gesprächspartner ist in diesem Punkt die Kirche. Als Institution ist sie stark herausgefordert, als Glaubensgemeinschaft bringt sie bleibende Werte ein. Generalvikar Andreas Frick warb für eine offene Annahme der Chancen, die in der Digitalisierung liegen, mit dem Vertrauen, etwas bewegen zu können. Veränderungen seien immer anstrengend, aber dies dürfe nicht dazu führen, dass man sich der Mitgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft entziehe. Bei allen positiven Potenzialen für das Fortkommen der Menschheit benötige die Entwicklung allerdings auch kritische Rückfragen. Generalvikar Frick empfiehlt da als grundlegende Lektüre drei Bücher: die Bibel, „1984" und „Brave New World".