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„Der Tisch muss immer voll sein.“

Akram Yacoub und seine Ehefrau feiern Weihnachten mit den drei Söhnen auf traditionell chaldäische Art.
Datum:
17. Dez. 2024
Von:
Stabsabteilung Kommunikation

Von Weihnachtstraditionen und Heimatgefühlen der chaldäischen Katholiken.

„Für Chaldäer fängt Weihnachten nach der Messe am Heiligen Abend an und wird bis Silvester gefeiert“, berichtet Akram Yacoub. Er und seine Familie gehören, wie rund 300 weitere Familien auch, zur Chaldäisch-Katholischen Gemeinde in Mönchengladbach. Der 55-jährige Familienvater stammt aus dem Irak und arbeitet als Elektroingenieur in Viersen. Seine Frau ist Küsterin an der Kirche St. Paul in Mülfort, in der die chaldäischen Katholiken jeden Sonntag Gottesdienst feiern. So auch am Heiligen Abend um 20.30 Uhr. Dann kommen sehr viele Familien zur Feier und nehmen dafür auch weite Wege auf sich.

„Vielen Gemeindemitgliedern ist es nicht möglich, jeden Gottesdienst zu besuchen. Aber an Weihnachten und Ostern sind sie da. Und Weihnachten ist es dann richtig voll“, freut sich Akram Yacoub. Der Gottesdienst wird in seiner Muttersprache gefeiert, auf aramäisch und arabisch.

Nach der Christmette gratulieren sich die Gemeindemitglieder traditionell zu Weihnachten mit den schönen Worten „Der Herr wurde geboren“. Anschließend feiern sie alle miteinander, bleiben noch einige Zeit bei einem Getränk und ein paar Plätzchen zusammen. „Es ist eine schöne Möglichkeit, Menschen aus der Heimat zu begegnen, die man schon lange nicht mehr gesehen hat“, freut sich Akram Yacoub. Gerne erzählen die Gemeindemitglieder von früher, von ihren Heimatorten im Irak. „Sie stammen aus den unterschiedlichsten Regionen- Manche aus dem Nordirak, andere aus Bagdad, wieder andere aus Basra. Und jeder erzählt, wie bei ihm Weihnachten gefeiert wurde. Das ist eine tolle Gelegenheit, wieder Heimat zu erleben“, berichtet Akram Yacoub, der sich auch über den Austausch von Neuigkeiten aus der alten Heimat freut. „Meine Schwester wohnt noch im Irak. Wenn ich Nachrichten von dort bekomme, erzähle ich sie gerne weiter.“

Der erste Weihnachtstag steht bei den Chaldäern ganz im Zeichen der Familien. Bei den Zusammenkünften werden besondere traditionelle und an den Festtagen beliebte Speisen gekocht wie die pajah oder Pāče. Dabei handelt es sich um ein irakisches Gericht, das aus den Beinen, dem Kopf und den Innereien des gekochten und mit Reis und kleinen Fleischstücken gefüllten Schafes besteht. Zudem gibt es Kleija, ein Gebäck mit Datteln, Honig, Zucker und Nüssen, das im Irak häufig an Weihnachten und Ostern gebacken wird. „Der Tisch muss immer voll sein“, schmunzelt Akram Yacoub. Ein Weihnachtsbaum gehört genauso zum Fest wie eine selbstgebaute Krippen-Höhle, in Erinnerung an die Berge der Heimat.

Vom zweiten Weihnachtstag bis Silvester stehen dann gegenseitige Besuche auf dem Programm. Freunde und Familien besuchen sich ohne Terminabsprachen, denn die Häuser der Chaldäer stehen an diesen Tagen allen offen. „Leute kommen, Leute gehen, das macht richtig Freude. Im Irak kamen damals auch die muslimischen Nachbarn zu Besuch. Gastfreundschaft ist bei uns gelebte Tradition. In diesen Tagen sind alle herzlich willkommen“, betont der Familienvater.

In diesem Jahr trifft sich Akram Yacoubs Familie bei ihm und seiner Frau. Seine drei Kinder sind dabei, genauso wie seine Schwester und seine zwei Brüder mit ihren Familien. Die Kinder, die in Deutschland geboren sind, sprechen miteinander Deutsch. Sie haben manchmal Schwierigkeiten, die alten aramäischen Worte zu verstehen. Deshalb bietet die chaldäische Gemeinde samstags einen Sprachunterricht an. In der Gemeindearbeit werden zur besseren Lesbarkeit und somit zum besseren Verständnis aramäische Texte in lateinischen Buchstaben transkribiert. Akram Yacoub ist das besonders wichtig: „Aramäisch ist die Sprache Jesu. Sie ist ein Schatz und muss erhalten werden.“

Über die chaldäisch-katholische Kirche

Die chaldäisch-katholische Kirche ist eine katholische Ostkirche. Sie erkennt den Papst an, unterscheidet sich aber mit dem so genannten ostsyrischen Ritus von den uns bekannten Gottesdiensten. Zur Erklärung: Beim ostsyrischen Ritus geht es nicht um das heutige Syrien, sondern um die syrische Tradition des Christentums. In der Liturgie wird hauptsächlich aramäisch gesprochen. Da die meisten Chaldäer arabisch als Muttersprache haben, gibt es aber auch arabische Elemente. Die chaldäisch-katholische Kirche ist geographisch hauptsächlich im heutigen Irak angesiedelt.