Bio-Bauernhof mit Hofladen schafft Brücke zum ersten Arbeitsmarkt.:Dankbar für viele kleine und große Fortschritte.

Nur 15 Minuten mit dem Fahrrad vom Aachener Dom entfernt liegt der circa sieben Hektar große Bio-Bauernhof „Maria Haus“ des christlichen Trägers Alexianer Aachen / ViaNobis am Gemmenicher Weg. Hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung Hand in Hand und bauen regionales und saisonales Gemüse und Obst an. Sie kultivieren Erdbeer- und Blumenfelder zur Selbstbedienung, betreiben eine Anzucht von vielfältigen Stauden und schmackhaften Kräutern in der hofeigenen Gärtnerei und halten rund 450 Hühner, deren Eier im hofeigenen Laden erworben werden können.
Fit für den ersten Arbeitsmarkt
Auf dem Hof beschäftigen „Die Alexianer“ schon lange Menschen mit Einschränkungen. Im Jahr 2021 stieg dann die ViaNobis ein, um die berufliche Rehabilitation in das Projekt einzubringen. Mit einem 27-monatigen Programm können bis zu 40 Menschen mit psychischen Einschränkungen fit gemacht werden für den ersten Arbeitsmarkt im Bereich Landwirtschaft, Gärtnerei und Hofladen/Einzelhandel. „Dabei schauen wir ganz individuell, was jeder dafür braucht“, betont Silke Mathieu, pädagogische Leiterin der ViaNobis – Die Chancengeber Aachen. Dazu zählen auch betriebsintegrierte Arbeitsplätze, bei denen Menschen in Kooperationsunternehmen des ersten Arbeitsmarkts mit weiterer Unterstützung der Eingliederungshilfe arbeiten oder Praktika absolvieren.
Arbeit im Hofladen
Im Hofladen arbeiten Menschen mit Einschränkungen gemeinsam mit empathischen Anleiterinnen und Anleitern sowie Minijobberinnen und Minijobbern unter realen Bedingungen. „In alle Prozesse, die im freien Handel nötig sind, werden unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer einbezogen“, erläutert Dirk Büttner, der den Hofladen betreut. Von der Warenbeschaffung über den Zukauf und die Preisgestaltung bis hin zur Präsentation sind Mitarbeitende an allen Arbeitsschritten beteiligt, damit sie eine Vorstellung davon bekommen, was es heißt, in einem normalen Geschäft zu arbeiten.
Produkte
Alles, was auf dem Hof angebaut wird, findet man im Hofladen. „Wir konnten Kürbisse ohne Ende ernten“, schmunzelt Dirk Büttner. „Aber durch die Trockenheit im Frühjahr ist alles, was zu der Zeit ausgesät wurde und früh Wasser brauchte, schlecht gewachsen. Wenn ich an die Möhren denke, wird da dieses Jahr nichts kommen.“ Deshalb werden Produkte aus Kooperationsbetrieben wie dem Klosterhof der ViaNobis in Gangelt zugekauft. „Die haben eine bessere Bewässerungsanlage“, weiß Büttner. Der Klosterhof hat auch Nutzviehhaltung, verfügt über eine Metzgerei und stellt dem Hofladen tiefgekühlte Ware zur Verfügung. Bei weiteren Lücken im Sortiment wird zusätzlich regionale bzw. Bio-Ware dazugekauft – zum Beispiel Honig vom Imker nebenan oder Apfelsaft der Bio-Station Aachen. Außerdem werden Kerzen und Keramik aus der neuen Manufaktur in Geilenkirchen sowie Holzarbeiten aus der Schreinerei der Alexianer-Tagesstruktur angeboten.
Dankbar
Dankbar sind Silke Mathieu und Dirk Büttner für die vielen großen und kleinen Fortschritte, die sie täglich bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleben. Eine Teilnehmerin hatte Freude an den Blumenfeldern zum Selberschneiden und fragte im folgenden Jahr, ob sie das Projekt alleine übernehmen könne. Angefangen vom Setzen der Blumen über die Pflege und das Unkrautjäten bis hin zum Verkauf war es ein echtes Erfolgsprojekt. „Es sind aber auch oft Kleinigkeiten, die die eigentlichen Highlights sind. Wenn man merkt, dass ein Mensch im Laufe der Zeit immer mehr Selbstständigkeit erlangt oder dass einer, der immer sehr verschlossen war, nach einem Jahr wie selbstverständlich ans Telefon geht und Menschen im Laden aktiv anspricht, ob er ihnen helfen kann – das ist für Kunden selbstverständlich, für diesen Menschen ist das der große Wurf“, berichtet Dirk Büttner.
Sinnhaftigkeit der Arbeit
Den beiden Mitarbeitenden der Eingliederungshilfe ist die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit wichtig. Dirk Büttner kommt ursprünglich selbst aus dem Einzelhandel. „Meine Motivation zu wechseln war, dass der Mensch hier das Wichtige ist und die Arbeit ‚nur‘ das Medium“, betont er. Und Silke Mathieu ergänzt: „Auch wenn wir an bestimmte Strukturen gebunden sind, sind es die Feinheiten, die das Arbeiten hier spezieller machen.“