Gemeinsam am Reich Gottes bauen

Was zeichnet die Partnerschaft und Begegnung mit Kolumbien aus? Einige Stimmen von Beteiligten

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Datum:
Di. 23. Aug. 2011
Von:
Monika Herkens

Stephan Miethke, künftiger Berater der kolumbianischen Bischofskonferenz: Am Beginn der Begegnung mit eugierig auf das Land in Südamerika, war besorgt wegen der Gewalt und hatte Wut wegen der Ungerechtigkeiten, über die ich gelesen hatte. Ich fühlte mich abgestoßen vom seltsamen Gemisch aus Chaos, Unsicherheit und Dreck, das Bogotá mir bot. Heute, viele Jahre später und nachdem ich in Kolumbien gelebt habe, bestimmen ganz andere Wahrnehmungen mein Kolumbienbild. Von Beginn an setzte die Partnerschaft zwischen Aachen und Kolumbien den Rahmen für die Begegnung. Ich traf auf herzliche und offene Menschen, die die dunkle Seite ihres Landes verabscheuen und ablehnen. Inmitten dieser Schwierigkeiten arbeiten sie daran, die Situation zu ändern. Egal ob Laie oder Ordensfrau, Priester oder Bischof: Ich bin einer Vielzahl von Menschen in Kolumbien begegnet, von denen ich lernen konnte, wie am Reich Gottes hier und jetzt schon mitgebaut werden kann – „Reich der Liebe und Gerechtigkeit, Reich des Lebens und der Wahrheit“, wie es im Lied heißt.

Britta Dallmanns, Geistliche Leiterin der KJG: Die Partnerschaft mit Kolumbien erfahre ich besonders durch die persönlichen Kontakte als sehr bereichernd. Gerade für die Kinder und Jugendlichen bei uns in der KJG eröffnen sich durch die Möglichkeit, einen Freiwilligendienst in Kolumbien zu machen oder unsere kolumbianischen Gäste oder Freiwilligen hier bei uns zu erleben, neue Sichtweisen. Eine andere Kultur und Lebensweise wird so erfahrbar. Ich selbst war leider noch nicht in Kolumbien. Aber aufgrund von Erzählungen meine ich, im Bereich der Sozialpastoral könnte die Kirche Kolumbiens noch ein Vorbild für uns sein.

Hildegard Pins, Ehrenamtliche aus der Pfarre Herz-Jesu Dülken: Der Besuch des Bischofs Serna aus Líbano-Honda/Kolumbien am 22. Juni 1993 hat in unserer Pfarre Herz Jesu Dülken einen tiefen Eindruck hinterlassen. Das Schicksal der Straßenkinder lag ihm besonders am Herzen. Wir hatten ein Projekt in Ghana abgeschlossen und konnten gleich mit einem Beitrag für den Erwerb des Kinderhauses einsteigen. Seitdem gehen die Erlöse aus den Basaren zu Weihnachten und Ostern nach Líbano. Inzwischen haben wir gute Kontakte zu William Telez und seinen Mitarbeitern. Der Satz von Bischof Serna gilt immer noch: „Es könnten auch Ihre Kinder sein, die einmal der Hilfe bedürfen.“

Bärbel Schumacher, Pastoralreferentin in der GdG Alsdorf: „Partnerschaft braucht Gesichter“ – das ist für mich ganz konkret geworden bei einem Besuch im Bistum Líbano-Honda im November 1999. Der damalige Bischof, José Luis Serna Alzate, ein faszinierender, ungeheuer bescheidener, tieffrommer und herzlicher Mann mit einer großen Ausstrahlung, hatte eine kleine Gruppe aus Alsdorf eingeladen, zur Einweihung der Siedlung „Urbanizacion Union Alsdorf“ nach Líbano zu kommen. Diese war mit Spenden aus unseren Gemeinden finanziert und in Eigenleistung der Menschen dort errichtet worden. Herzlichkeit, Lebensfreude vor allem auch bei den Armen, Natürlichkeit, Freundschaft  und einen tiefen Glauben an die Kraft der Botschaft Jesu – das alles habe ich bei den Menschen in Líbano erfahren und erlebt. Das hat mich nachhaltig beeindruckt. Davon können wir als Kirche in Deutschland lernen.

Stimmen aus der DPSG-Partnerorganisation „Sue os Especiales“ in Ibagué, Kolumbien; zu Beginn Julio Cardenas: Bei unserem diesjährigen Besuch in Deutschland habe ich mit meiner Kamera immer wieder Dokumentationen für die Kinder zu Hause gemacht. Umweltschutz ist einer unserer neuen Schwerpunkte
und die Kinder haben sich vorgenommen, sich als „Planetarier“ für die Umwelt einzusetzen. Jetzt kann ich ihnen zeigen, wie Windgeneratoren gebaut und Solaranlagen genutzt werden, und ihnen so noch besser erklären, wie diese funktionieren. Das wird die Kinder noch mehr motivieren.

Esther Milbert, Alejandra Sanchez und Julio Cardenas: Besonders gefreut hat uns, dass wir miterleben durften, wie viel Spaß Kinder und Jugendliche hier mit unseren mitgebrachten Spielen hatten. Die Zeit, die wir bei unseren Besuchen mit den Pfadfinderstämmen verbrachten, verging immer sehr schnell und fröhlich. Wir
freuen uns, dass wir ein kleines bisschen von Kolumbien und von uns selbst dort lassen konnten.

Alejandra Sanchez:  Mir hat die Begegnung mit den Gruppen und Pfadfinderstämmen viel bedeutet – sie kennen zu lernen, was sie in den Gruppen machen und welche große Anstrengung diese Kinder auf sich nehmen, um uns zu unterstützen.

Helmut Göbels, Vorsitzender der action pro colombia e.V.: In Solidarität mit den Ärmsten im Rahmen meiner ehrenamtlichen Arbeit als Vorsitzender der ökumenischen Initiative „Aktion Friedensdorf – Kinder in Not Mönchengladbach e.V.“  ühle ich mich den Menschen in Kolumbien seit 35 Jahren verbunden. Bei mehreren Projektbesuchsreisen ins diözesane Partnerschaftsland kam ich hautnah in Berührung mit der extremen Gewaltsituation im Land und schwersten Menschenrechtsverletzungen. Im Mitleiden mit der Not gewaltsam
Vertriebener oder mit Angehörigen von Mordopfern und Verschleppten wuchs die Herausforderung, an der Seite
der Bedrängten für deren Rechte die Stimme zu erheben und mutige Menschenrechtsverteidiger im Land zu bekräftigen. So kam es zur Gründung der „action pro colombia e. V.“ Aachen – Solidarität von Christen im Bistum Aachen mit Opfern von Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien. Diesem Anliegen diene ich als ehrenamtlich tätiger Vorsitzender seit der Gründung im Jahr 1988. Für mich unvergessliches Vermächtnis und Verantwortung zugleich war der erlebte Besuch in der Friedensgemeinde San José de Apartadó 1999. Dort sagte man uns: „Wir schöpfen unsere Kraft aus unserem Glauben, dass Gott ein Gott der Befreiung ist und aus dem Wissen, dass es in der Welt Menschen gibt wie Euch, denen unser Schicksal nicht gleichgültig ist, die ihre Stimme für uns erheben.“ Angesichts der permanent extremen Bedrohungen dieser „Friedensgemeinde“ und der
zahlreichen Mordopfer dieses Dorfes für mich Auftrag, im Rahmen der Partnerschaft unseres Bistums mit Kolumbien Solidarität als Hilfe zum Überleben an der Seite der Bedrängten zu üben.

Andrea Teubner, Referentin des Referats Internationale Gerechtigkeit der DPSG Diözesanverband Aachen: Ich habe festgestellt, dass es gar nicht so wichtig ist, die Sprache des anderen zu können. Auch ohne sie haben wir schnell eine Verbindung zueinander herstellen können, uns verstanden und haben uns wie selbstverständlich ergänzt.

Mirijam Baumeister, Bildungsreferentin der KJG im Bistum Aachen: Durch die enge Zusammenarbeit der Katholischen Jungen Gemeinde im Bistum Aachen mit dem Diözesanrat der Katholiken im Bereich der Freiwilligeneinsätze hat sich mittlerweile ein gut funktionierendes Netzwerk zwischen Aachen, Ibagué, Líbano und Medellín gebildet. Dieses Miteinander finde ich bereichernd: daran, sich auszutauschen, vom anderen zu
lernen, sich mit Begeisterung einzusetzen, alte Bekannte zu treffen und neue Kontakte zu knüpfen. Das wünsche ich auch den Christinnen und Christen in Deutschland.

Bernd Lichtenberg, Lehrer an der Gesamtschule Aachen-Brand: 99 weiße Friedens-Luftballons in Aachen und Kolumbien – eine Aktion der Gesamtschule Brand bei ihrem 20-jährigen. Sie steigen unter lautem Applaus in den Himmel. „Wir wollen mit diesem Ritual ein Zeichen für Frieden in Kolumbien und Deutschland setzen“, sagt Jeffrey Vliex, Schüler des Schülerunternehmens Fair-World-Shop an der Gesamtschule Brand. Ein schönes Symbol: Zeitgleich steigen die Ballons in Aachen und in Kolumbien auf. „Fairer Handel ist Friedenstat“ und „meine Stimme für faire Schokolade“ ist auf den Karten, die mit den Ballons in die Lüfte steigen, zu lesen. So unterstützt die Gesamtschule Brand die Schokoladenaktion des Bistums Aachen, als Beitrag zur Partnerschaft mit Kolumbien.

Werner Rekers, Ehrenamtlicher aus der Pfarre St. Jakob Aachen: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind... Als Mitglieder einer mittlerweile fusionierten Pfarrei haben wir in den letzten Jahren viel durchmachen müssen: sich freuen, verlieren oder nachgeben, auf jeden Fall emotional. Beim Besuch unser Partnergemeinde in Kolumbien vor einigen Jahren waren wir zu einem Gottesdienst im Nachbarort eingeladen. Zu unserer Überraschung feierte der Priester den Gottesdienst im Wohnzimmer eines Gemeindemitglieds. Mit Freunden des Hauses, Gemeindemitgliedern, Fremden, alles ganz selbstverständlich. Aus Mangel an spanischen
Sprachkenntnissen konnte ich den Worten nicht immer folgen. Aber als das Vaterunser gesprochen wurde, konnte ich auf deutsch mitbeten, ich fühlte mich nicht mehr als Fremder, sondern als ein Teil der (Gottesdienst-)Gemeinschaft. Ganz ohne Kirchengebäude.