Zweiter Bericht von Noah Böker

Freiwilliger bei der "Fundación Hogar del Niño" berichtet aus Líbano

Baños, Ecuador (c) privat
Baños, Ecuador
Datum:
Di. 27. Feb. 2024
Von:
Noah Böker

Ich bin jetzt schon ein halbes Jahr hier und fühle mich immer noch richtig wohl. In den letzten Monaten ist sehr viel passiert. Es war Weihnachten und Neujahr, wir waren in Ecuador für die Zwischenauswertung und hatten noch eine weitere Auswertung in Ibagué. Aber jetzt alles der Reihe nach.

Im November und Dezember habe ich, so wie zuvor, weiter im "Hogar del Niño" und bei "Creamos" gearbeitet. Dabei waren meine Aufgaben identisch mit denen der ersten Monate hier. Besonders schöne Momente, die mir aus der Zeit im Kopf geblieben sind, sind die Wanderung, die wir mit den Kindern des Hogar Sustituto unternommen haben, und das Weihnachtsfest im "Casa Hogar". Auf der Wanderung sind wir eine sehr schöne und lange Strecke zu einem Restaurant gegangen. Die Natur hier ist wunderschön und ich fand es war eine sehr gute Idee, um das den Kindern näher zu bringen. Während der Wanderung hatte ich die Möglichkeit, in verschiedene Einzelgespräche zu gehen und so ganz viele verschiedene junge Perspektiven auf das Leben kennenzulernen. Das fand ich sehr schön.

An Heiligabend im Casa Hogar hatte ich einen kleinen Einblick darüber, wie ein Heiligabend in Kolumbien ablaufen kann. Wir haben gesungen, gegessen, getanzt und es wurden Geschenke verteilt. Danach war ich noch bei Freunden aus Líbano. Alles in allem hatte ich eine sehr schöne Weihnachtszeit. Zwischen Weihnachten und Silvester habe ich noch ein paar Tage gearbeitet. Wenn Sie noch einmal genauer wissen wollen, was meine Aufgaben hier im ersten halben Jahr waren, verweise ich gerne nochmal auf meinen Anfangsbericht. Wie gesagt waren meine sonstigen Arbeitstage hier sehr ähnlich zu denen der ersten Monate. Ansonsten fühle ich mich auf der Arbeit auch sehr wohl, ich verstehe mich nach wie vor gut mit meinen Arbeitskolleg*innen und es macht mir Spaß zur Arbeit zu gehen.

Einen Tag vor Silvester bin ich dann nach Ibagué gefahren und somit ging sozusagen meine Reise nach Ecuador zur Zwischenauswertung los. Wegen meiner Flugangst und dem Hinterfragen der Sinnhaftigkeit eines Eineinhalbstundenflugs haben Clara und ich uns dazu entschieden, dass wir die Reise gerne mit dem Bus antreten würden. Nachdem wir Silvester gemeinsam gefeiert haben, sind wir dann also los nach Cali und von dort aus weiter nach Quito. Auf der Reise hatten wir eine sehr schöne Zeit in Cali. Die Busfahrt nach Quito war ein bisschen beschwerlich, aber als wir dann das Wochenende in Quito hatten, war das auch schnell vergessen. Während des Wochenendes haben wir bei den Freiwilligen genächtigt und hatten somit direkt Leute, die uns die Stadt zeigen konnten. Auch hier hatten wir eine wunderschöne Zeit zusammen mit den anderen Freiwilligen und wir konnten direkt weiter in ein sehr positives Seminar.

Das Seminar in Baños war für mich eine sehr lehrreiche Zeit. Ich habe viel über verschiedene Perspektiven auf den Freiwilligendienst gelernt und dadurch mehr über meine Rolle als Freiwilliger. Dabei habe ich viel Motivation für das kommende Halbjahr mitgenommen. Leider ist die Situation in Ecuador während des Seminars aus dem Ruder gelaufen. Durch einen Gefängnisausbruch eines Bandenchefs wurde in Ecuador der Kriegszustand ausgerufen. Während man in Baños davon nichts mitbekommen hat, war die Situation in Quito deutlich angespannter. Aufgrund dieser Geschehnisse haben wir uns dazu entschieden, dann doch das Flugzeug zurückzunehmen, was ein bisschen schade war, weil wir für den Rückweg auch noch ein paar Stopps geplant hatten.

Nachdem ich eine Woche in LÍbano war, ging es dann auch schon direkt zu der Zwischenauswertung in Ibagué. Dort haben wir uns noch einmal mit den für uns zuständigen Leuten aus Deutschland, unseren Chef*innen, Ansprechpartner*innen und den anderen Freiwilligen (Clara und Gustav) genauer mit dem letzten halben Jahr auseinander gesetzt. Auch dies habe ich als ein sehr produktives Seminar in Erinnerung. Ich habe viel über die anderen Organisationen hier vor Ort gelernt, wir haben einen sehr interessanten Vortrag von Jaime über den "Totalen Frieden" in Kolumbien gehört und wir haben in Kleingruppen das letzte Jahr reflektiert. Die Reflektion hat mir auch nochmal Motivation für das restliche Jahr gegeben.

Wie zu Beginn schon gesagt fühle ich mich sehr wohl hier. Mein Spanisch wird immer besser und es macht mir sehr großen Spaß, auf Spanisch zu reden. Ich kann mittlerweile mit meinen Freunden tiefere Gespräche über meine Gefühle, meine Realität hier vor Ort, Politik oder sonstige Themen des Lebens führen. Am meisten helfen mir aber die Kinder beim Spanischlernen, da sie keine Rücksicht darauf nehmen, dass mein Spanisch nicht so gut ist. Ab und zu guck ich auch mal in Spanischbuch, um meine Kenntnisse weiter zu verbessern.

Mein Kontakt nach Deutschland hält sich aktuell in Grenzen. Ich telefoniere so ca. alle zwei Wochen mit meiner Familie und schicke zwischendurch eine Nachricht mit Foto. Mit meinen Freunden aus Deutschland habe ich aktuell nicht so viel Kontakt, was aber daran liegt, dass ich jetzt im Januar so viel unterwegs war. Davor hatte ich noch häufigeren Kontakt. Alles in allem bin ich aber zufrieden, wie das mit dem Kontakt abläuft. Ich weiß, dass ich mich immer bei meiner Familie und bei meinen Freunden melden kann, aber ich habe nicht so viel Kontakt, dass ich die Realität hier nicht erleben und auch genießen könnte. Ansonsten kann ich mich nach wie vor aber auch immer bei meinen Ansprechpartnerinnen aus Deutschland melden. Mit Katharina führe ich so ungefähr einmal alle eineinhalb Monate ein Telefonat, in dem wir uns einfach austauschen und ansonsten zwischendurch, wenn irgendetwas akut ansteht. Mit meiner Patin Marie aus Deutschland habe ich jetzt so einmal im Quartal telefoniert und zwischendurch auch geschrieben. Zu wissen, dass ich dort Unterstützung finde, gibt mir ein gutes Gefühl.

Ich bin sehr motiviert, in meine zweite Jahreshälfte zu starten. In unseren letzten monatlichen Zusammentreffen, mit meinen Chefs und den für mich zuständigen Personen, haben wir festgehalten, dass ich in der zweiten Jahreshälfte Englisch- und Schachunterricht gebe und kreative Projekte anleite. Ich freue mich schon sehr darauf, mit den Kindern den Unterricht zu gestalten und gemeinsam mit ihnen kreative Ideen umzusetzen. Ich glaube auch, dass ich so aus meiner begleitenden Rolle eher rauskomme und mehr Eigeninitiative zeigen kann.

Abschließend möche ich gerne sagen, dass ich glaube, dass meine wichtigste Aufgabe als freiwillige Person ist, dass ich für einen vernünftigen kulturellen Austausch auf Augenhöhe sorge. So wie ich hier von den Perspektiven der Kinder, mit denen ich arbeite, lerne, können diese hoffentlich was von meinen Perspektiven auf das Leben mitnehmen. Ich denke, dass die Organisationen vor Ort auch ohne mich sehr gut zurechtkommen würden, trotzdem halte ich den Freiwilligendienst aus dieser Perspektive für eine gute Sache.

Liebe Grüße

Noah