Gleichzeitigkeit

Fridays for future (c) Bild von NiklasPntk auf Pixabay
Datum:
Mo. 27. Apr. 2020
Von:
Pastoralreferent Dietmar Jordan

Nicht nur vor dem Berliner Reichstag, auch am Aachener Elisenbrunnen haben die Aktivist*innen von Fridays For Future am vergangenen Freitag Plakate ausgelegt. In einem originellen Demonstrationsformat machten sie darauf aufmerksam, dass die jetzt scheinbar etwas in den Hintergrund geratene Klimakrise auch während der Pandemie weiter andauert.

Es war wohl kein Zufall, dass ich tags zuvor auf ein paar Zeilen des Nürnberger Jesuiten Jörg Alt gestoßen bin, mit denen er auf seine Weise die Gleichzeitigkeit dieser beiden globalen Herausforderungen in den Blick nimmt. Er hat sie im empfehlenswerten Newsletter Ignatianische Nachbarschaftshilfe veröffentlicht, mit dem die deutschsprachigen Jesuiten seit Beginn der Kontakteinschränkungen jeden Tag einen geistlichen Impuls unter die Leute bringen. Gerne mache ich sie mir heute zu eigen, um sie mit Ihnen zu teilen.

„Was habe ich … Schläge bekommen, als ich sagte, dass Corona und Klimakrise gleich wichtig und gleich tödlich seien! Das sei doch nicht vergleichbar!

Doch durchaus: Die eine Krise ist halt spürbar, die andere scheint weit weg. In Deutschland hat durch den Klimawandel schlimmstenfalls die Bahn Probleme bei „Extremwetter“, anderswo sterben schon jetzt viele tausend Menschen – Stichwort Dürrekatastrophe in Südafrika. Aber auch in der Klimakrise fahren wir sehenden Auges an die Wand: Wir haben nur noch 5-10 Jahre, um das Schlimmste zu verhindern.

Aber: Die Coronakrise kann uns viel lehren, was dann hoffentlich nach ihrem Ende nicht vergessen wird: Zunächst, dass man vieles machen kann, ohne mit Auto oder Flugzeug unterwegs zu sein. Es ist doch schon ironisch, dass Corona uns anscheinend hilft, die Klimaziele 2020 doch noch zu erfüllen! Sowohl in China als auch Deutschland geschieht plötzlich vieles, was auch Ozeanien und Afrika hilft.

Oder: Entschleunigung hat gute Seiten: Für die Familie, Lesen, Gartenarbeit…. Oder zum Stichwort Solidarität: Wenn wir uns aktuell darüber aufregen, dass Jugendliche sagen: „Corona ist mir egal – ich bin jung!“, sollten die Älteren sich fragen, was der Unterschied ist, wenn sie selber sagen: „Ich bin älter, wenn die Klimakrise kommt, bin ich tot.“

Dies, und vieles mehr, sollte uns, wenn die Krise hoffentlich glimpflich zu Ende ist, daran erinnern: Folgte man in der Coronakrise bereitwillig dem Rat der Wissenschaft und spielten Verbote und Geld auf einmal keine Rolle, warum sollte man dies nicht dann auch für den Kampf gegen unser kippendes Weltklima anwenden? 

In diesem Sinne gilt für mich: Keine Krise ist so schlimm, dass sie nicht auch gute Seiten hat und dass wir klüger, verständiger und solidarischer aus ihr hervorgehen könnten. In diesem Sinne: Gott befohlen.“