Viereinhalb Jahre lang hat der Prozess "Heute bei dir" viel Zeit und Kraft im Bistum Aachen gebunden. Heute hat die Bistumsleitung die Synodalkreisbeschlüsse veröffentlicht. In vielen Feldern wird dort eine neue Haltung und Herangehensweise der Kirche angestrebt, etwa in der Frage des Umgangs mit der Frage der Geschlechtergerechtigkeit. Dies findet große Unterstützung seitens der Aachener Katholikenräte, sie fordern eine solche Entwicklung seit vielen Jahren.
Zugleich verkündet die Bistumsleitung heute eine Strukturreform: Es sollen acht bis 13 Großpfarreien auf dem Gebiet der Diözese errichtet werden. Für die Aachener Katholikenräte liegt auf der Hand, dass das Engagement vieler Menschen im Prozess diesem Strukturbeschluss den Glanz einer gemeinschaftlich getroffenen Entscheidung geben soll. Doch immer wieder mussten Beteiligte feststellen, wie stark und tief die Einflussnahme der Bistumsleitung in die Beratungen reichte. Themen wurden von ihr tabuisiert, Kommunikation stark reglementiert.
Viele Argumente, die zum Thema ausgetauscht wurden, haben nicht gefruchtet, sondern wurden immer wieder als erwartbare Reflexe entwertet. Zur Moderation des Austausches wurden selten offene Formate gewählt, Plenumsaussprachen mussten zeitweise erkämpft werden, um überhaupt in einer direkten Weise voneinander hören und lernen zu können. Zur Verdichtung und Aushandlung der Ergebnisse wählte die Bistumsleitung mit "KonsenT" eine Methode, die ihre Interessen wahrte.
Die Katholikenräte haben viele kritische Anfragen an den Prozess. Als demokratisch verfasste Räte, die sich aus Delegierten der Gemeinden bilden, beschäftigt sie aber vor allem die Frage, wie das kirchliche Leben vor Ort künftig geprägt und gestaltet wird. Ist hier eine klerikalistische Rückwärtsrolle zu erwarten oder gibt es, wie angekündigt, einen Aufbruch vor Ort?
Solange die Aussagen zur gemeinsamen Leitung und multiprofessionellen Teams in den XXL-Pfarreien so vage bleiben, die Aufsicht und Ausstattung der Pfarreien über die so genannten "pastoralen Räume" so unklar definiert sind, sehen die Katholikenräte große Risiken zu einem Rückschritt. Die Bildung riesiger Pfarreien und der Rückbau demokratischer Strukturen vergrößern den Machtraum einzelner Pfarrer. Das ist genau das Gegenteil davon, was zu tun ist, um Missbrauch abzuwenden.
Die Katholikenräte wünschen sich keine zentralisierte Kirche, sondern eine Stärkung des Gemeindelebens vor Ort. Mit Herzblut möchten sie helfen, die Begeisterung für die Sache Jesu wachzuhalten und zu wecken. Sie sehen klar und deutlich, was auch das Bistum Aachen hinter sich lassen muss: die verkrusteten Strukturen des Klerikalismus. In diesem Sinne sind die Beschlüsse des Bistums zu konkretisieren und zu qualifizieren, damit daraus ein gemeinsamer Aufbruch wird. Und die Landschaft der Pfarreien ist kleinteiliger zu gestalten. Sie sind die wahren "pastoralen Räume".