Einigermaßen fassungslos höre und sehe ich, wie junge Leute sich scheinbar sorglos zu Gruppen in Parks oder auf Partys versammeln, wie Ordnungshüter Eltern mit ihren Kindern von eigentlich gesperrten Spielplätzen verweisen müssen. Immer noch denken und handeln Menschen offenbar unberührt von den dringenden Appellen und Ratschlägen unserer Politiker und Gesundheitsexperten. Wird schon alles nicht so schlimm sein und irgendwie gut gehen …
Derweil wird der Ruf zunehmend besorgter Ärzte nach einer baldigen umfassenden Ausgangssperre lauter. Nicht wenige zweifeln an der Fähigkeit breiter Kreise der Bevölkerung zu Einsicht und nachsichtigem Handeln. Fast stündlich konfrontieren uns die Medien mit neuen Zahlen, Fakten und Trends, mit Nachrichten, die einem Angst machen können.
Christenmenschen tun gut daran, in einer solchen Situation mit gelassener Leidenschaft auf die Widerstandskräfte eines geerdeten Glaubens und einer menschen- und realitätsverbundenen Frömmigkeit zu bauen. Nein, Panikmache ist jetzt wirklich kein guter Ratgeber! Und auch die rheinisch – leichte Einstellung „Et het noch immer joot jejange.“ ist angesichts der ernsten Lage nicht wirklich förderlich.
Christenmenschen stehen in diesen krisengeschüttelten Tagen geistlich und praktisch zusammen. Und sie vertrauen darauf, dass sie dabei nicht nur auf ihre eigenen Kräfte angewiesen sind. Gerade jetzt dürfen wir glauben, dass ein treuer und menschenfreundlicher Gott uns sein Weggeleit und seine inspirierende Kraft nicht entziehen wird.
Natürlich gibt es auch in religiösen Kreisen Scharfmacher und Ultras, die auf dem Feuer dieser Krise ihr ideologisches Süppchen kochen. Manch konservativ – fundamentalistisch gesinnter Prediger weiß wie immer genau Bescheid über Gottes Willen und Absichten. Da wird die Corona – Pandemie zur Strafe Gottes, zur letzten Chance der Umkehr ins Lager der Hardcore – Religion.
Ich halte es da lieber mit dem gesunden Menschenverstand. Der lehrt mich, dass in einer globalisierten Menschheit eben unweigerlich alles mit allem zusammenhängt. Das ist anstrengend, ziemlich unübersichtlich und nicht selten auch stressig. Wir können nicht als Wohlstandprofiteure die Segnungen und Chancen weltweiter Vernetzung genießen und jetzt in einer solchen Krise so tun, als ob das Virus vom Himmel gefallen und uns als finstere Strafe aufgebürdet sei!
Viele unserer Lebensgewohnheiten haben am Ende einen hohen Preis. Das gilt erst recht für die globalisierten Vernetzungen, in denen wir heute ganz selbstverständlich leben. Sie können die Landschaft unseres Lebens, unserer Gesundheit und unserer Seelen eben auch verletzen und verwüsten.
„Wer weise ist, begreife dies alles, wer klug ist, erkenne es.“ - So lese ich heute beim Propheten Hosea (14, 2-10) Und das Tagesevangelium (Mk 12, 28b – 34) stellt mir mit Leidenschaft die untrennbare Einheit von Gottes- und Nächstenliebe vor Augen. - Noch kann unser Leben wieder heil und gesund werden. Nicht nur in diesen Krisentagen ist beherztes und verantwortliches Handeln Ausdruck einer vitalen Spiritualität.