Christus – der verwundete Heiler
Der Theologe und Psychologe Henry Nouwen unterscheidet drei Arten verwundeter Menschen:
- verwundete Verwunder
- verwundete Vermeider
- verwundete Heiler
- Solange ich eine tief sitzende Wunde nicht wahrhaben will, werde ich andere verwunden und nicht wahrnehmen können, was ich ihnen antue. Ich führe die in der Wunde eingeschlossene seelische Energie aggressiv nach außen ab. Dann werde ich zum verwundeten Verwunder.
- Wenn ich aus der Erfahrung einer Wunde lebensmüde und kontaktscheu geworden bin, tendiere ich dahin, die in der Wunde eingeschlossene seelische Energie nach innen zu unterdrücken. Dann werde ich zum verwundeten Vermeider.
- Erst wenn ich diese Wunde wahrnehmen kann, werde ich beides nicht mehr nötig haben. Ich nehme die in der Wunde eingeschlossene seelische Energie in mein Leben auf. Sie braucht dann nicht mehr nach außen in die Aggression zu explodieren. Sie braucht auch nicht mehr nach innen in eine Depression zu implodieren.
Wer so seine Wunden in sein Leben aufnimmt, wird sich eines Tages wundern, wie aus etwas so Furchtbarem etwas so Fruchtbares werden konnte. Er wird von innen her zum verwundeten Heiler, zum verwundeten Seelsorger. Er geht seinen Weg mit dem auferstandenen Christus, der seine Wunden den anderen nicht ängstlich verbergen, sie ihnen aber auch nicht vorwurfsvoll entgegenschleudern muss:
„Jesus trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!" (Joh 20,19-21)