Neujahr 2023 ... in Lützerath, Fort Dauphin (Madagaskar), Guajira (Kolumbien)

RioTinto-Mine in Madagaskar (c) G o o gl e  Gulbins
RioTinto-Mine in Madagaskar
Datum:
Mi. 28. Dez. 2022
Von:
Andris Gulbins

Alle Aussagen zeigten die Wiederholung der gleichen sozialen und ökologischen Auswirkungen von Rohstoffprojekten.“

<<< Bild: Rio Tinto-Mine in Madagaskar >>>

2 Cent für einen m2 Land als Entschädigung für die Vertreibung von ihrem Land! So informiert RFI aktuell zur Weihnachtszeit über die Situation von protestierenden Bauern in Madagaskar. Dagegen steht in der Weihnachtszeit bei uns in Deutschland die Räumung von Lützerath im Rheinischen Revier vor der Tür.

Papst Franziskus spricht da deutliche Worte: „Ich bin besorgt über die Entwurzelung so vieler Bauernbrüder [sic], die dafür leiden, nicht wegen Kriegen oder Naturkatastrophen. Landraub, Entwaldung, Wasseraneignung, unzureichende Pestizide sind einige der Übel, die den Menschen aus seinem Heimatland reißen. Diese schmerzhafte Trennung ist nicht nur physisch, sondern auch existentiell und spirituell, da es eine Beziehung zum Land gibt, die die ländliche Gemeinschaft und ihre besondere Lebensweise in einen berüchtigten Niedergang und sogar in die Gefahr des Aussterbens bringt.“ (2014, Ansprache zum Welttreffen der Volksbewegungen)

2016 hat Rio Tinto und die madagassische Regierung einen Erbpachtvertrag unterzeichnet, in dem sich das Bergbauunternehmen verpflichtete, jährlich eine Pacht von 282 Millionen Ariary (60.000 Euro) pro Jahr zu zahlen. Aus diesem Grund weigert sich Rio Tinto und die Tochter QMM, finanzielle Entschädigungen an Einwohner zu zahlen, denen das Land gehört, weil der Gigant bereits Pachtkosten bezahlt habe.

Nach Protesten von 200 der betroffenen 900 Bauern hat der Konzern nun einer Entschädigung der Bauern von 93 Ariary ( 2 Cent) für einen m2 Land zugestimmt. Dieser Kontrakt kam auf Druck der Politik zustande, dabei erklärte am 20.12.2022 - so zitiert RFI - ein „zorniger Minister“: „Wenn sie (die streikenden Bauern A.G:) dieses Geld nicht nehmen, werden sie ins Gefängnis gehen.“ Bereits 2013 und 2019 berichtete Reuters von Protesten, weil der Konzern Flüsse und damit Trinkwasser mit Blei und Uran vergiftete.

Unterstützung erreichte uns via FB auch aus Kolumbien. Dort klagen indigene Gemeinden gegen den Ausbau der größten Kohlemine des Landes "El Cerrejón" und die Umleitung von Flüssen. Laut Bericht der Tagesschau soll ein Anruf von Bundeskanzler Scholz am 6. April 2022 beim kolumbianischen Präsidenten dazu geführt haben, dass eine umstrittene Kohlegrube nun wegen deutscher Importe erweitert wird. Dort bilden Verletzungen der Arbeitnehmerrechte und Morddrohungen gegen Aktivist:innen einen traurigen Alltag.

In Lützerath steht nun die Räumung des Ortes vor der Tür. Dies entspricht geltenden Regelungen des Bergrechts. Auch die in Lützerath sichtbaren Windräder werden den Baggern zum Opfer fallen: ein Schlag gegen alle Bemühungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Wir fragen uns, wie das angesichts des Klimawandels und der Vorgaben der Pariser Klimakonferenz möglich ist? Wir fragen uns, warum die Interessen eines Energieriesen den Vorrang vor einer klimaneutralen Industriepolitik bilden? Auch wenn der Ort von den protestierenden Aktivisten geräumt werden wird, der politische Widerstand gegen diese Energie- und Wirtschaftspolitik wird auch nach einer Räumung bestehen bleiben. Anders als die Menschen in Madagaskar oder Kolumbien sind uns alle Möglichkeiten gegeben, den Wandel herbeizuführen.   

Teilnehmer:innen des benannten Welttreffens aus dem globalen Netzwerk Kirche und Bergbau haben sich in einem gesonderten Schreiben an Papst Franziskus gewandt und ihm dafür gedankt, dass er „die Würde, den Zweck und die Bedeutung unserer Kämpfe“ anerkennt: „Alle Aussagen zeigten die Wiederholung der gleichen sozialen und ökologischen Auswirkungen von Rohstoffprojekten: Landraub für Bergbau, Zwangsarbeit, körperliche Gewalt, Kriminalisierung, Verfolgung, Marginalisierung, Wasser- und Landverschmutzung, Prostitution, zunehmende Kriminalität usw. Die Teilnehmer kehrten 2014 aus Rom zurück, mit der Hoffnung, dass die Kirche uns zu einer tiefgreifenden und raschen Veränderung in der Kritik des extraktiven Entwicklungsmodells führen wird. ….Die Teilnehmer des Treffens im Vatikan bekräftigen ihre Überzeugung: Die Kirche ist eine der wenigen Institutionen, die in der Lage ist, die kritische Vision des Volkes zu erwecken, der Gleichgültigkeit ein Ende zu setzen und zu einem echten Paradigmenwechsel beizutragen. Wenn sich die Kirche neben denen befindet, deren Rechte verletzt wurden, wenn sie den Schrei der Enteigneten hört und wiedergibt, wird sie als ein mächtiges Instrument der Kontrolle und des Gleichgewichts der integralen menschlichen Entwicklung dienen.

 

Aachen, Dezember 2022

Andris Gulbins

Die Nachricht als Textdatei