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1. Adventssonntag Lesejahr B // Zur 2. Lesung

Datum:
Fr. 27. Nov. 2020
Von:
Annette Jantzen

Unter euch wohne Gnade und Friede von Gott, unserem Ursprung, und von unserem Befreier Jesus Christus.
Euretwegen spreche ich immer wieder Dankgebete zu meinem Gott, weil euch im Messias Jesus die Gnade Gottes geschenkt worden ist. Denn in Christus seid ihr an allem reich geworden, begabt zu jeder Sprache und zu jeder Erkenntnis. Ihr bezeugt den Messias und darin beweist ihr zunehmend Stärke. Daher fehlt bei euch keine gottgegebene Fähigkeit, während ihr darauf wartet, dass unser Befreier Jesus, der Messias, offenbar wird. Bis zur Vollendung wird er euch festigen, so dass ihr am Tag unseres Befreiers Jesus Christus nicht angeklagt werdet. Gott ist treu. Durch Gott seid ihr in die Gemeinschaft seines Sohnes Jesus, des Messias, unseres Befreiers, gerufen.

1. Brief an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 1, Verse 3-9

So beginnt ein Brief: An eine Gruppe von Menschen aus dem antiken Korinth, Hafenstadt, Schmelztiegel, Umschlagplatz für Waren aller Art, eine Stadt mit einer großen jüdischen Minderheit, eine Stadt vor allem mit einer sehr großen sehr armen Bevölkerung und einem ausgesprochen niedrigen Lohnniveau.

So beginnt ein Brief an eine neue Gemeinde noch ohne feste Struktur, wo vieles verheißungsvoll offen war. So beginnt ein Brief an Menschen, die in Jesus von Nazareth den Menschen-von-Gott erkannt hatten, die in einer gesegneten Gegenwart eine solidarische, unterschiedslose Gemeinschaft fanden. So beginnt ein Brief an eine neue Gemeinde, in der die Frauen die Mehrheit stellten, das legt insbesondere das siebte Kapitel nahe, in dem die Lebensformen der Frauen verhandelt werden.

Der schreibt und die lesen, sie haben eine gemeinsame Basis, einen Grund, auf den sich bauen lässt, und Grund zur Dankbarkeit dafür. Auf dieser Basis ließ sich gut streiten, über alle möglichen Einzelheiten.

So beginnt ein Brief der Ermutigung. Ihr habt schon alles, was ihr braucht, damit ihr bei euch die todbringenden Praktiken von Armut, Rassismus und Sexismus überwinden könnt. Ihr habt ein Gespür für das, was ansteht und was nötig ist. Ihr seid begabt zu jeder Erkenntnis. Geistbegabt seid Ihr. Was für eine Verschwendung wäre es, wenn ihr mit dieser Begabung nur auf andere Autoritäten hören würdet, euch gegenseitig nicht anerkennen würdet, euch die Botschaft von der unterschiedslosen Gemeinschaft im befreiten Leben wegnehmen lassen würdet.

Was das dann konkret heißt: Darüber lässt sich streiten, gut streiten. Und wenn in diesem Streit jemand versucht, ein Machtwort zu sprechen, dann wird es ein Selbstwiderspruch, denn das Machtwort ist nie von Dauer, wenn die Wucht der Geistbegabung dagegen steht  (auch das hat der Briefeschreiber erfahren müssen - in der unterschiedlosen neuen Gemeinschaft ist mit einem Machtwort nicht viel auszurichten). Machtworte erreichen euch nicht mehr, denn ihr habt schon alles, was ihr braucht: Begabung, Verstand, eine Hoffnung für das Leben und über das Leben hinaus.

Ihr seid geistbegabt, ihr habt schon alles, was ihr braucht, um Gottes Befreiung Geltung zu verschaffen, und ihr steht am Anfang einer neuen Zeit: Das Wort gilt einer Gemeinde, in der Frauen die Mehrheit stellen. Einer Gemeinde, in der allen zugemutet wird, sich immer wieder in Frage stellen zu lassen. Einer lernenden Gemeinde. Einer autoritätskritischen Gemeinde. Uns.

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