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4. Sonntag der Osterzeit C // zur zweiten Lesung und Psalmgebet

Datum:
Fr. 6. Mai 2022
Von:
Annette Jantzen

Zur ersten Lesung

Danach sah ich: Da! eine große Menge, unzählbar, aus allen Völkern, Stämmen, Völkerschaften und Sprachgemeinschaften, stand vor dem Thron und vor dem Schaf, in weiße Kleidung gekleidet und Palmzweige in den Händen. Sie riefen mit lauter Stimme: »Die Rettung ist bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm!«
Rings um den Thron standen alle Boten, die Ältesten und die vier Lebewesen, fielen vor dem Thron auf ihre Gesichter und huldigten Gott: »Amen, Segen und Ruhm, Weisheit und Dank, Ehre, Macht und Kraft unserem Gott in alle Ewigkeiten!«
Aus der Reihe der Ältesten begann jemand zu reden und sagte mir: »Die Weißgekleideten – wer sind sie und woher sind sie gekommen?« Ich sagte ihm: »Mein Herr, du weißt es.« Er sagte mir: »Das sind die, die aus der großen Bedrängnis gekommen sind. Sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Schafs weiß gemacht. Deshalb sind sie vor dem Thron Gottes. Sie feiern für Gott Tag und Nacht in Gottes Tempel Gottesdienst, und die Person, die auf dem Thron sitzt, wohnt über ihnen. Sie werden weder Hunger noch Durst haben, weder Sonnenglut noch Hitze wird auf sie fallen, denn das Schaf mitten auf dem Thron wird sie weiden und den Weg zu den Lebenswasserquellen führen, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen.«

Offenbarung des Johannes, Kapitel 7, Verse 9-14

Ein fremdes Bild aus einer vergangenen Zeit. Vieles am Buch der Offenbarung bleibt uns heute dunkel, obwohl es doch gerade die Wirklichkeit Gottes hinter dieser Welt ans Licht bringen wollte - und es für seine ersten Leser*innen auch konnte.

Das Bild des Lammes, wie geschlachtet, das in der Offenbarung als Anführer einer endzeitlichen Schlacht beschrieben wird, speist sich aus der hebräischen Bibel. In der jedes Jahr zu Pessach gefeierten Geschichte des Volkes Israel aus Ägypten ist es das Blut der geschlachteten Lämmer an den Türen der Israelit*innen, das deren Häuser vor der Rache Gottes verschonte - das vergossene  Blut, das vor Unheil bewahrt, ist auch ein Motiv geworden, mit dem Christ*innen den Tod Jesu gedeutet haben.

Eine zweite Quelle für das Bild des Lammes in der Offenbarung sind die Lieder vom Gottesknecht im prophetischen Buch Jesaja, wo der leidende Gerechte mit einem Lamm verglichen wird: "Bedrängt, aber er beugte sich und öffnet seinen Mund nicht, wie ein Schaf, das zur Schlachtbank gebracht wird, wie ein Mutterschaf, das verstummt vor denen, die es scheren, und seinen Mund nicht öffnet..." (Jes 53,7) Auch dieses Bild vom gerechten Menschen, dessen Leiden die anderen in Freiheit setzt, hatten die frühen Christ*innen vor Augen, als sie Jesu Tod anders verstehen lernten denn als katastrophales Ende seiner Bewegung.

Das Lamm in der Offenbarung verbindet beides: das wehrlose und verletzbare Lamm und das Opfer, das andere schützt. Dass es hier um hochsymbolische Rede geht, wird schon daran deutlich, dass die weißen Kleider im Blut reingewaschen wurden. 

Es ist schwer und auch nicht unbedingt nötig, in diese Bilderwelten der Endzeitserwartung um die Zeitenwende hineinzufinden. Auch wenn die Bilder fremd bleiben, bleibt eines: Die da gerettet werden, wie auch immer diese Rettung bebildert wird, es sind "die, die aus der großen Bedrängnis gekommen sind". Die an den Rand gedrängten, die Übersehenen, die Benachteiligten. Frauen mit Gewalterfahrung, Frauen auf der Flucht, Frauen, die bedroht sind von Menschenhandel. Menschen, die gedemütigt und bloßgestellt wurden. Menschen, die sexuelle Grenzverletzungen und Gewalt erlitten haben. Sie werden aufgehoben und geborgen, so wie auch über das Gewaltopfer Jesus von Nazareth die Gewalt nicht das  letzte Wort behalten hat. 

Ihnen gilt Gottes Zusage. Denn diese biblischen Bilder sind keine Rechtfertigung von Gewalt - etwa in dem Sinne, dass Gott Jesu Tod gefordert hätte -, sondern sie sind Hoffnungsbilder für die, die unter Gewalt leiden.  

Für sie stellt das Psalmgebet Worte bereit, sie sollen vor Gott geheilt, getröstet und ins Recht gesetzt sein. Aus dieser Erfahrung heraus klingt der Psalm 100 für diesen Sonntag.

 

Psalmgebet nach Psalm 100

Wenn eure Tränen getrocknet sind,
Dann atmet auf in Frieden. 

Gott, eure Hirtin, kommt euch entgegen.
Sie gibt die Ruhe, die sonst niemand geben kann.

In ihr haben wir Atem und Leben, 
Wir sind ihre Töchter, Söhne, Kinder des Lebens. 

Kommt, aufgerichtet und ins Recht gesetzt, 
Kommt und macht den Namen Gottes groß.

Gottes Liebe und Treue werden nicht enden,
sie bleiben über uns für die Dauer der Tage.

 

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