Gebt Acht, die Zeit wird kommen, – so Gottes Spruch – da will ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen. Dieser Bund gleicht nicht dem Bund, den ich mit ihren Eltern geschlossen habe an dem Tag, als ich sie an ihrer Hand nahm, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen: diesen meinen Bund konnten sie brechen, obwohl ich über sie geboten habe – so Gottes Spruch. Sondern so wird der Bund aussehen, den ich mit dem Haus Israel nach jener Zeit schließen will: – so Gottes Spruch – Ich werde meine Weisung in ihr Inneres legen, in ihr Herz werde ich sie schreiben. Ich werde ihnen Gott und sie werden mir Volk sein. Sie werden einander nicht mehr belehren und weder zu den Mitmenschen noch unter den Geschwistern sagen: Lerne Gott kennen! Denn sie alle werden mich kennen, alle von Klein bis Groß – so Gottes Spruch. – Denn ich werde ihre Vergehen verzeihen und an ihre Unrechtstaten nicht mehr denken.
(Buch Jeremia, Kapitel 31, Verse 31-34)
Wenn G*tt in unseren Herzen aufscheint, dann verglüht alles, was wir zwischen ihr und uns an Hürden aufgebaut haben. Es ist ein merkwürdiges Paradox, dass dieses prophetische Wort die Sicherheit, es mit G*tt selbst zu tun zu haben, gerade daran festmacht, keine religiöse Autorität zu beanspruchen. Umgekehrt gelesen sagt der Text: Wenn ihr einander beschuldigt, falsche G*ttesvorstellungen zu haben, dann ist G*tt noch nicht in euren Herzen aufgeleuchtet, oder ihr traut diesem G*ttesfunken nicht - denn ihr setzt auf Verbote, Rechthaben und Verurteilungen.
Aber so ist es mit prophetischen Texten: Sie sind dazu da, uns in Frage zu stellen. Die ersten Jesusgläubigen haben diese Worte bestätigt gefunden, als sie ihn über den Tod hinaus als Lebendigen erlebten. Denn das war er ihnen, wenn sie in seinem Namen Brot und Wein, Hoffnung und Trost teilten, und darin kam ihnen G*ttes Gegenwärtigkeit selbst entgegen. Sie erlebten, dass schon begonnen hatte, was der prophetische Text erhofft: G*tt scheint in unseren Herzen auf, und alles, was zwischen ihr und uns stand, verglüht - die Trennung in Dazugehörende und Nichtgemeinte, und vor allem die Versuchung, im Namen G*ttes Macht über andere auszuüben.
Dass es in den christlichen Kirchen so nicht blieb, wissen wir nur zu gut. Auch, dass diese Hoffnung auf die endgültige Bestätigung der Beziehung G*ttes zu ihren Menschen hergenommen wurde, um unsere älteren Geschwister im Glauben zu verleumden und bis in den Tod zu verfolgen. Ach G*tt, wie groß muss deine Trauer wohl sein darüber und über alles andere, was in deinem Namen schon getan und einander angetan worden ist.
Aber so wird es nicht bleiben. Dem Wort-von-G*tt zu trauen, mag heißen, darauf zu vertrauen: Die Zeit wird kommen, da uns G*tt in unendlich vielen Facetten aufleuchten wird, und wir werden wissen, dass wir nur Mosaikstücke ihrer Schönheit kennen, und wir werden sie gegenseitig bestaunen, anstatt sie zu bekämpfen. Die Zeit wird kommen, dass wir die Gewalt hinter uns lassen und aus einer tieferen Verbundenheit, aus einer größeren Freiheit leben. Es gibt Hoffnung für diese Welt, und es gibt sogar Hoffnung für diese Kirche, wie verkrustet sie auch sein mag, wie ängstlich, wie kleinlich gar. Alles das kann vergehen, es wird keinen Bestand haben, denn G*tt ist größer, und wir werden loslassen und aufatmen, und es wird gut sein.