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5. Sonntag im Jahreskreis C // Zur zweiten Lesung

Datum:
Sa. 5. Feb. 2022
Von:
Annette Jantzen

Ich erinnere euch, Geschwister, an die frohe Botschaft, die ich euch brachte, die ihr auch angenommen habt und mit der ihr auch auf festem Boden steht. Durch sie seid ihr auch befreit worden, wenn ihr sie festhaltet in dem Geist, in dem ich sie euch verkündete; ohne diese Botschaft höhlt ihr euer Vertrauen aus. Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was auch ich empfangen habe: Der Messias ist für unsere Sünden gestorben, wie es die Schrift schon sagt. Er wurde begraben und am dritten Tag aufgeweckt nach der Schrift. Von Kephas und dann den Zwölf wurde er als Lebendiger gesehen. Danach erschien er mehr als 500 Geschwistern auf einmal, von denen die meisten heute noch leben, nur einige sind schon tot. Und er erschien danach noch Jakobus und allen Apostelinnen und Aposteln. Als Letztem erschien er auch mir als einer Nachgeburt. Denn ich bin der Geringste in der apostolischen Gemeinschaft und nicht wert, Apostel zu heißen, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Durch Gottes Freundlichkeit bin ich geworden, was ich jetzt bin, und Gottes Freundlichkeit zu mir ist nicht enttäuscht worden. Ich habe nämlich mehr als alle anderen geschuftet – nicht aus angeborener Kraft, sondern weil Gottes Freundlichkeit mich begleitet hat. Doch gleich, ob die anderen oder ich: So haben wir verkündigt, und so habt ihr geglaubt.

(Erster Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 15, Verse 1-11)

Ich verwende sehr gern die "Bibel in gerechter Sprache", weil sie Frauen immer wieder aus der Unsichtbarkeit der männlichen Sprachformen herausholt. Bei dieser Stelle, gebe ich zu, bin ich skeptisch: ob es hier nicht eine falsche Beruhigung ist, die Apostelinnen den Aposteln zur Seite zu stellen, von denen Paulus erzählt, der Auferstandene sei ihnen erschienen. Denn zwar entspricht das der Aufbruchsbegeisterung der jungen Gemeinden, in denen auch Geschlechterrollen für einen geschichtlichen Moment der Freiheit aufgehoben waren, zumindest im Bereich der Religion. Es entspricht auch der Überlieferung, wie wir sie in den Auferstehungserzählungen finden, und zwar in allen Evangelien.

Aber ich bin nicht sicher, ob es auch dem Willen des Paulus entspricht. Denn wenn Paulus die Frauen hätte mit nennen wollen, dann hätte er vor allem die ersten Auferstehungszeuginnen nicht ausgespart. "Von Kephas und dann den Zwölf wurde er als Lebendiger gesehen" - das ist ja nun erst das zweite Kapitel der Geschichte vom Ostermorgen. Alle Evangelien erzählen, dass der Auferstandene zuerst den Frauen begegnete. Die berichteten dann den Zwölf - und die hielten es für Weibergeschwätz. Dieses erste Kapitel der Geschichte, das in so verschiedenen Erzählungen transportiert wurde, dass man es als Allgemeingut in den jungen Gemeinden ansehen muss, ignoriert Paulus hier gepflegt. Das gehört mit in die Re-Patriarchalisierung der revolutionären Jesus-Bewegung, von der im Kommentar zu einer vorangegangenen Passage aus diesem Brief schon die Rede war. Und in die Kurzformeln des Glaubens wurden dann allein die Männer aufgenommen. Und der Rest ist History, nicht Herstory.

Vielleicht hielt Paulus die Frauen nicht für geeignete Personen in der Autoritätskette der Überlieferung von Jesus-dem-Lebendigen. Oder die Frauen galten in der damaligen Gegenwart der entstehenden Kirche nicht mehr als Garantinnen für die Wahrhaftigkeit der Geschichten wie Petrus, und wurden deswegen hier von Paulus nicht erwähnt. Oder ihm war es schlicht nicht wichtig genug. So wie es in den Evangelien auch Geschichten darüber gibt, wie Männer in die Nachfolge Jesu kamen - über die Frauen, mit denen es solche Begebenheiten auch gegeben haben muss, wurden sie aber nicht weitererzählt. Die Frauen erscheinen dann im Nebensatz auf einmal als die, die auch zahlreich mit Jesus unterwegs sind und mit ihrem Geld die ganze Gruppe finanzieren. Aber wie es dazu kam - das ist vergessen, aus der Geschichte herausgeschrieben bzw. gar nicht erst in sie hineingeschrieben worden.

Wer schreibt, bleibt. Und wer nicht schreibt, muss sehen, wo sie bleibt. Für Frauen in der Kirche heißt das: Verlasst euch nicht darauf, dass Männer eure Anliegen engagiert und nachhaltig unterstützen und euch wirklich ernsthaft als Nachfolgerinnen Jesu achten, Schwestern. Manche tun das, Gott sei Dank. Andere nicht beziehungsweise nur so lange, wie es ihre eigene Position nicht gefährdet oder sich anderweitig unangenehm anfühlt. Und das passiert leicht, denn wer bis dahin (unbewusste) Privilegien genießt, für den (oder die) fühlt sich Gleichberechtigung wie Benachteiligung an. Und das gilt natürlich nicht nur für Frauen, sondern für alle, die nicht in das vorherrschende Männlichkeitsbild passen.

Und wie schade es für die erzählte Geschichte der Freundinnen und Freunde Jesu ist, wenn die Frauen fehlen! "Er ist dem Kephas erschienen" - da fehlt die Hälfte, mindestens. Da fehlt der Ostermorgen. Da fehlen die Sehnsucht und die Trauer und das Losgehen-trotz-allem. Da fehlen die Tränen am Grab und die lichtvolle Begegnung in der Morgendämmerung. Da fehlen die fliegenden Schritte zurück in die Stadt. Und später fehlen in der Kirche so viele Begabungen, so viele Menschen, so viele Sichtweisen, fehlen Fülle und Ganzheit. So viel Mühe ist nun nötig, um wieder zu Fülle und Ganzheit zu kommen, und so ungewiss ist, ob es gelingt. Schade, Paulus.

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