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6. Sonntag der Osterzeit B // Zur 1. Lesung und Psalmgebet

Datum:
Fr. 7. Mai 2021
Von:
Annette Jantzen

Als Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen, fiel ihm zu Füßen und huldigte ihm. Petrus richtete ihn auf und sagte: »Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.« Im Gespräch mit ihm ging er hinein und fand dort viele versammelt vor. Er sagte zu ihnen: »Ihr wisst, wie wenig es einer jüdischen Person erlaubt ist, mit einer nichtjüdischen engen Kontakt zu pflegen oder zu ihr zu kommen. Mir aber hat Gott gezeigt, dass man niemanden vor Gott als abscheulich oder unrein ansehen darf. Deshalb bin ich auch, als man mich holen ließ, ohne Widerspruch gekommen. So frage ich nun, aus welchem Grund ihr mich habt holen lassen.« Kornelius sagte: »Vor vier Tagen um diese Zeit betete ich zur neunten Stunde in meinem Haus. Da stand eine Gestalt in strahlender Kleidung vor mir und sagte: ›Kornelius, dein Gebet ist erhört und deiner Wohltaten ist vor Gott gedacht worden. Schicke nun nach Joppe und lass Simon zu dir rufen, der mit Beinamen Petrus heißt; er ist zu Gast im Haus des Gerbers Simon am Meer.‹ Daraufhin habe ich also sofort zu dir schicken lassen und du hast gut daran getan herzukommen. Jetzt sind wir also alle hier vor Gott zusammen, um alles zu hören, was dir vom Herrn aufgetragen ist.« Petrus begann zu sprechen und sagte: »Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht parteilich ist. Vielmehr sind Gott in jedem Volk diejenigen recht, die Gott achten und rechtschaffen handeln. Das ist die Botschaft, die dem Volk Israel gesandt wurde, als Gott durch Jesus, den Gesalbten, der Macht hat über alle, Frieden verkünden ließ. Ihr wisst, was sich in ganz Judäa herumgesprochen hat: Begonnen hat Jesus aus Nazaret in Galiläa nach der Taufe, die Johannes verkündigte, als Gott ihn mit heiliger Geistkraft und Macht wie mit Salböl übergoss. Da zog er umher, tat Gutes und heilte alle, die vom Teufel unterjocht wurden, weil Gott mit ihm war. Wir bezeugen alles, was er im jüdischen Gebiet und in Jerusalem getan hat. Ihn hat man durch Aufhängen am Holz umgebracht. Den hat Gott am dritten Tag erweckt und es gewährt, dass er gesehen werden konnte – nicht vom ganzen Volk, sondern von denen, die Gott vorher zur Zeugenschaft bestimmt hatte: von uns, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er von den Toten aufgestanden war. Uns hat Gott aufgetragen, dem Volk zu verkünden und zu bezeugen: Das ist der von Gott eingesetzte Richter über die Lebenden und Toten. Für ihn legen alle, die prophetisch reden, Zeugnis ab, dass durch seinen Namen alle Vergebung der Sünden erhalten, die auf ihn vertrauen.«
Noch während Petrus diese Worte sprach, kam die heilige Geistkraft über alle, die seine Rede hörten. Alle an Jesus Glaubenden aus dem Volk der Beschneidung, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen, dass die Gabe der heiligen Geistkraft auch auf Menschen aus den Völkern ausgegossen war. Sie hörten nämlich, wie sie verzückt in der Sprache des Himmels stammelten und Gott priesen. Da antwortete Petrus: »Darf denn jemand das Wasser der Taufe denen verwehren, die genauso wie wir die heilige Geistkraft empfangen haben?« Er ordnete an, dass sie im Namen Jesu, des Gesalbten, getauft würden. Danach baten sie ihn, einige Tage zu bleiben.

Apostelgeschichte, Kapitel 10, Verse 25-48

Eine Geschichte aus einer fremden Zeit. In der für die vorgetragene Lesung stark gekürzten Fassung - die zum Vortrag ausgewählten Passagen sind fett hervorgehoben - wird die Schärfe des Konflikts kaum deutlich, der hier ausgetragen wird: Für jüdische Menschen um die Zeitenwende ist es starkes religiöses Tabu, sich zu nichtjüdischen Menschen einladen zu lassen - umso mehr, als "in das Haus gehen" auch heißt "sich dort zum Essen einladen lassen". Wir vergessen das manchmal, weil wir das auch aus den Erzählungen der Evangelien kennen, dass Jesus sich bereitwillig von jenen einladen ließ, die außerhalb der religiösen Ordnung standen. Es sind nicht nur hartherzige Gründe, die man hinter diesem Tabu vermuten könnte, sondern die Überzeugung, dass es vor Gott nicht richtig sein kann.

Und Petrus lässt sich hier nicht nur einladen, er sucht den römischen Hauptmann und dessen Hausstand - mit allen Männern, Frauen und Kindern, die dazugehörten - von sich aus auf - oder vielmehr "vom Geist aus", denn der Impuls kam in dieser Geschichte nicht aus ihm selbst. In dieser für unsere Ohren unskandalösen Erzählung werden gigantische Gräben überbrückt, zwischen den Herrschern in einer Militärdiktatur und den Unterdrückten, zwischen denen, die an den Einen Gott glauben, und denen, die in diesem Glauben als Vor-Gott-Unwürdige gelten.

Da wird ein Wunder erzählt, unüberbrückbare soziale Grenzen werden unbedeutend, denn Gott ist größer als jede Grenze. Sicher wird das Wunder auch ermöglicht dadurch, dass Petrus hier beschrieben wird als ein Mensch, der um seine eigene Begrenztheit weiß, und der sich darum dem neuen Erleben, dem neu Erfahrenen, der überwältigenden Einsicht in die Vorläufigkeit aller religiösen Vorschriften nicht verschließt. Petrus wagt einen ungeheuren Schritt, und das wird die Chance für die Geistkfragt: Sie lässt sich als krafvoll erleben, und Petrus stellt fest: Wenn Gottes Geist wirkt, dürfen Menschen sich ihm nicht in den Weg stellen.

Diese Geistkraft, die da wirkt, sie ist unbeherrschbar, unberechenbar, sie ist nicht logisch und hält sich nicht an das, was Menschen von Gott zu wissen glauben. Sie macht sich unüberhörbar bemerkbar, sie schenkt ihre schöpferische Macht, ihre Unbedingtheit, ihre überschäumende Lebendigkeit ohne Ansehen der Person. So erleben es die Beteiligten in dieser Geschichte.

Wenn wir ähnliches erleben würden, dann wäre es vielleicht so: Dass der Schmerz der Frauen allen spürbar würde und die Wucht der Ausgrenzung, die Frauen erfahren, die nicht in gleicher Weise teilhaben können am Leben der Kirche wie Männer. Dass Männer in leitenden Funktionen sich bewegen lassen, scheinbar für immer gezogene Grenzen beiseite zu räumen: Denn vor Gott sind alle Menschen gleich. Wenn die Geistkraft noch einmal eine solche Chance hätte, bemerkt zu werden, dann würde sie alles hinwegfegen, was wir Trennendes aufgebaut haben zwischen uns in der Kirche. Und vielleicht würde, wenn die Geistkraft erst einmal zum Zuge käme, auch noch das Wunder geschehen, dass wir uns alle von Gott verdankt erfahren würden. Und wir würden sehen: Wo Gott zum Zuge kommt, da muss nichts so bleiben, wie es immer schon war. Da ist Raum für das Unvorhergesehene, Beispiellose, für die Überraschung, die Gott für uns bereithält.

Wir würden uns überraschen lassen davon, dass Gott eine herzliche Gleichgültigkeit unseren angeblich so wichtigen Unterschieden gegenüber an den Tag legt. Wir würden staunend sehen, dass Gott leichtfüßig jede Behauptung, wir würden ihre Pläne kennen, wegtanzen kann. Und wir würden neu lernen, dass der Segen, der von Gott geschenkt wird, sich nur entfalten kann, wenn er nicht für neue Abgrenzungen, Machtverhältnisse, Ungerechtigkeiten herangezogen wird.

Und dann würde Gottes Freude an freien Menschen offensichtlich, und der Segen, der daraus erwächst, wenn Menschen einander gleichberechtigt begegnen, und wir könnten beten:

Singt der Lebendigen ein neues Lied, denn sie durchwirkt unsere Welt
mit ihrer Gegenwart!
Sie zeigt uns ihr befreiendes Handeln
und lässt alle Menschen ihre Gerechtigkeit sehen.
Sie gedenkt ihrer Treue und Wahrhaftigkeit für unsere Eltern im Glauben, das Haus Israel.
Rund um die Erde sehen wir, wie Gottes Freiheit wirkt.
Juble der Lebendigen zu, du ganze Erde!
Lasst eurer Freude lauf, jubelt und singt!
Lasst eure Freude klingen, mit allem, was ihr habt,
singt, tanzt und feiert Gott!
Und mit euch juble alles Leben, denn wir sind alle in Gott verbunden:
Das Meer und die Berge, Wiesen und Wälder und alles, was in ihnen lebt!
Denn die Lebendige macht uns frei.
und wir werden aufrecht Gott entgegengehen als Geschwister in Gerechtigkeit. Amen.

Psalmgebet nach Ps 98

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