"Schöne Blumen hast du da stehen", sagt Gott. Gott lehnt sich gegen meinen Schreibtisch und lässt den Blick über den Stapel Bücher gleiten, den ich beiseite geschoben hatte, um Platz für die Vase zu machen.
"Ja, ne?", sag ich. "Pfingstrosen sind immer gut."
"Und trotzdem guckst du da ratlos vor dich hin", sagt Gott. "Das passt irgendwie nicht zusammen."
"Ich muss was über Dreifaltigkeit schreiben", sag ich.
"Oh", sagt Gott. "Oha."
"Das ist nicht sehr hilfreich", sag ich. "Musste das sein?"
"Was?", fragt Gott. "Musste was sein?"
"Das Ding mit der Dreifaltigkeit", sag ich.
"Gottsein ist halt komplex", sagt Gott und zuckt die Schultern. "Kaffee?"
"Gute Idee", sag ich.
"Na dann mach mal", sagt Gott.
Ich seufze kurz und gehe in die Küche.
"Danke", sagt Gott, als ich mit zwei Kaffeebechern zurückkomme.
"Dein Lieblingskaffeebecher war leider gerade nicht einsatzbereit", sag ich und gebe Gott einen Becher mit Schafen drauf.
"Das ist ok", sagt Gott. "Irgendwas ist immer."
"Also, die Dreifaltigkeit", sag ich.
"Wozu willst du das wissen?", fragt Gott. "Kannst du eh nicht nachmachen."
Ich lache. "Mensch Gott, du bist echt ne Marke", sag ich.
"Das will ich meinen", sagt Gott und macht es sich auf der Fensterbank bequem.
"Mit wem von dir red ich eigentlich immer?", frag ich.
"Das fragst du jetzt nicht im Ernst", sagt Gott. "Mit mir natürlich. Also echt mal."
"Aber wir nennen dich halt unterschiedlich", sag ich.
"Ist dir eigentlich mal aufgefallen, dass ihr mich immer gendert?", fragt Gott zurück. "Nur halt komplett männlich. Der Vater, der Sohn, der Geist. Das ist ein bisschen phantasielos."
"Die Geistkraft ist weiblich", sag ich.
"Jaha", sagt Gott. "Hauptgewinn, oder? Wo sie immer als letztes drankommt und dafür als erstes hintenüberfällt."
"Das ist schon auch ein bisschen deine Angelegenheit", sag ich. "Du hättest uns ja anders auf die Spur setzen können."
"Ach", sagt Gott. "Nicht nur Gottsein ist komplex. Menschsein anscheinend auch."
"Das stimmt", sag ich. "Wir lernen noch."
"Siehst du", sagt Gott.
"Du bist da und ich bin da", sag ich. "Und die vielen Menschen da draußen, und die Bäume im Park und die Sonne und die Wolken. Reicht das nicht?"
"Könnte sein", sagt Gott leichthin.
"Und deine Geschichten sind noch da", sag ich.
"Und die Pfingstrosen", sagt Gott und streicht sacht über eine Blüte. "Die gäbe es auch nicht ohne mich."
"Danke", sag ich.
"Wofür genau?", fragt Gott.
"Dass ich mit dir reden kann, und so", sag ich.
"Bitte", sagt Gott. "Bist du sicher, dass du noch was schreiben willst?"
"Ich möchte von dir erzählen", sag ich.
"Dann ist gut", sagt Gott. "Du machst das schon."
"Ich versuchs", sag ich.
"Ja", sagt Gott. "Ich weiß."
Gott steht auf, stellt den leeren Kaffeebecher neben meinen und streicht mir leicht über den Rücken.
"Ich muss dann mal weiter", sagt Gott.
"Versteh ich", sag ich und lehne mich zurück, während Gott noch hinter mir steht, so dass ich mich kurz anlehnen kann. "Die Welt ist ja so groß." Ich stehe auf und gehe zur Tür.
"Eben", sagt Gott und kommt mir hinterher. "Und es gibt noch mehr zu tun als über mich nachzudenken."
"Sowas von", sag ich und halte Gott die Tür auf. "Bis bald mal wieder, ok?"
"Auf jeden Fall", sagt Gott im Hinausgehen. "Bis bald mal wieder. Hab es gut. Und Amen."