Tänzerin am Meer (c) Photo by Adam Walker on Unsplash

Pfingsten // Sonntagsfeier zu Hause

Datum:
Sa. 30. Mai 2020
Von:
Annette Jantzen

Pfingsten ist ein wenig greifbares Fest. Verständlicher wird es, wenn man auf die Herkunft schaut: Schon zur Zeit Jesu wurde Pfingsten gefeiert, im jüdischen Kalender das Wochenfest, fünfzig Tage nach Pessach, so wie und weshalb wir heute fünfzig Tage nach Ostern eben Pfingsten feiern. Beim Wochenfest wird die Gabe der Tora an das Volk Israel gefeiert, und so feiert die junge Gemeinschaft der Jesusgläubigen die Gabe der bleibenden Gegenwart Gottes in der Welt, weil Jesus-der-Lebendige jetzt in der Weisheitsgemeinschaft von Jesu Freundinnen und Freunden gegenwärtig bleibt. Die Botschaft der Auferstehung macht Gott so gegenwärtig in der Welt wie die Gabe des Wortes Gottes. Oder auch: Gott hat das letzte Wort gesprochen, und dieses Wort ist: Leben.

 

Zur Einstimmung:
Einen Platz herrichten, wenn möglich mit Blick auf etwas Lebendiges: Blumen, oder einen Baum, ein Tier oder den Himmel. Menschen in meinen Gedanken sammeln, Begegnungen, Lebendigkeit, Dankbarkeit. In dieser Verbundenheit eine Kerze entzünden.

Lieblingsmusik spielen, Vorschlag: Ströme lebendigen Wassers

 

Die Pfingstsequenz beten:  (Es ist auch möglich, sie zu singen, die Melodie findet sich im Gotteslob, Nr. 344)

Komm herab, o Lebenskraft
Die im Dunkel Licht erschafft
Die das All erhaltend webt

Komm, die unsere Welt durchdringt
Die in uns von Hoffnung singt
Deren Atem uns belebt

Komm, die voller Liebe brennt
Komm, die mich beim Namen nennt
Komm, die Leben wachsen lässt

Was zerrissen, webst du neu
Was verloren, hältst du treu
Armut wandelst du zum Fest

Komm, des Unrechts Klägerin
Gib uns Mut zum Aufrechtstehn
Bleib uns in der Hoffnung nah

Frieden und Gerechtigkeit
Nähre neu in unsrer Zeit
Ewige, unfassbar da

Freundin, Schwester, Retterin
Meines Lebens Schöpferin
Brausend wie ein Wort im Wind

Die uns in Gemeinschaft birgt
Mütterliche Liebe wirkt
Weisheit zur Entfaltung bringt.

Die uns hin zur Güte lenkt
Heilt und tröstet, hält und drängt
Du, die uns so brennend liebt

Die die Tränen trocknen wird
Und uns in die Freiheit führt
Mächtig deinen Segen gib. Amen. Halleluja.

 

Das Evangelium lesen (Johannes, Kapitel 20):
Am Abend dieses ersten Tages nach dem Sabbat, als die Jüngerinnen und Jünger hinter geschlossenen Türen saßen aus Angst vor der jüdischen Obrigkeit, da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: "Friede sei mit euch!" Als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und die Seite. Da freuten sich die Jüngerinnen und Jünger, dass sie Jesus den Lebendigen sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: "Friede sei mit euch! Wie mich Gott gesandt hat, so sende ich euch." Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und sagte ihnen: "Nehmt die heilige Geistkraft auf. Allen, denen ihr Unrecht vergebt, ist es vergeben. Allen, denen ihr dies verweigert, bleibt es."

 

Auslegung:
Am widerständigsten ist wohl der letzte Satz, der lange zur Legitimierung einer missbräuchlichen Beichtpraxis herangezogen wurde. Aber es ist nicht gemeint, dass irgendwer eine göttliche Genehmigung bekommen hätte, frei und womöglich noch willkürlich über die Vergebung oder Nicht-Vergebung von andererleute Sünden zu entscheiden. Verständlich wird es, wenn man dazu beachtet, was im Johannesevangelium "Sünde" ist, nämlich der Unglaube Jesus-dem-Lebendigen gegenüber. Im Rechtsstreit des Erlösers mit der Welt, der im Johannesevangelium über viele Reden Jesu hinweg geführt wird, ist der Unglaube, die Sünde, die von Gott trennt. Und der Unglaube wiederum ist Nicht-Anerkennen, dass mit Jesus die erlösende Liebe Gottes offenbar wird. In anderen Evangelien folgt auf die Geistgabe die Aussendung der Jüngerinnen und Jünger, die Botschaft von Jesu Auferstehung zu verkünden, der nun in der Weisheitsgemeinschaft seiner Gläubigen gegenwärtig ist. Im Johannesevangelium ist dieser Zusammenhang von Taufe, Geistbegabung und Sündenvergebung ebenfalls gesetzt. Wer durch die Botschaft der Jüngerinnen und Jünger zum Glauben kommt, der und die wird frei von der Sünde des Unglaubens. Wem der Glaube nicht verkündet wird, der und die bleibt im Unglauben gehalten.

Nach dem Ausräumen dieses Stolpersteins - denn man darf nicht eine viel spätere Beichtpraxis durch einen Vers untermauern, der diese Aussageabsicht gar nicht hat - wird der Blick frei für die Schönheit der Bibelstelle: Am ersten Tag der Woche, Tag der Erschaffung von Zeit und Licht, erscheint das Leben selbst durch geschlossene Türen in Leere und Lähmung hinein. Da erscheint Neues. Die Geistkraft, die im ersten Schöpfungslied, mit dem die Bibel beginnt, wie eine Vogelmutter über dem Ei über der chaotischen Wassermenge schwebt, sie schafft Verstehen, Begreifen, Erkennen: Das Leben ist erschienen, Gott hat das letzte Wort gesprochen, gesprochen über Jesus, den gesegneten Menschen. Er ist wirklich gestorben, als Leib aus der Geschichte verschwunden, aber die Herrlichkeit Gottes, die dem überwältigend Bösen nicht das letzte Wort lässt, bewahrt seine Identität, im Gottesgeheimnis verhüllt. Und das letzte Wort Gottes in der Selbstoffenbarung Jesu-des-Lebendigen ist Atemhauch, so wie der unaussprechliche Name Gottes ein Atemgeräusch ist.

Und ich? Was mache ich daraus? Ich schaue, wo ich eine Tür zur Lebendigkeit schon lange nicht mehr geöffnet habe, und vertraue darauf, dass Gott, die Geistkraft auch durch diese verschlossenen Türen durchdringen wird.

 

In Verbundenheit beten:
Ich stimme ein in ein welt- und zeitenumspannendes Gebet. Gebetet von den Jüngerinnen und Jüngern, die sich im Obergemach eingeschlossen hatten, gebetet durch die Zeiten hindurch, gebetet in allen möglichen Sprachen, weitergegeben, gesungen, gehofft. Ich bete in dieser Verbundenheit: 

Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme, dein Wille geschehe,
wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

 

Zum Ausklang:
Aufstehen und im Stehen nachklingen lassen: Hier bin ich, ich atme dir entgegen. Ich spüre das Leben in meinem Leib, zerbrechlich und gefährdet, ausdauernd und pulsierend. Ich überlasse mich deiner kreativen Macht, und bete mit neuen Worten:

Liebe Schwester Gott, 
du hast mich bei meiner Geburt gehalten.
Du hast meinen Namen gesungen, warst glücklich, mein Gesicht zu sehen.
Du bist mein Himmel, meine leuchtende Sonne,
und in deiner Liebe ist es immer möglich,
zu sein und zu wachsen, und doch auch ein Zuhause,
einen geborgenen Ort zu finden.
(Brian Wren)

Danke, Gott.

 

Abschließend Lieblingsmusik spielen. Vorschlag: Si

 

Haben Sie Wünsche an die Sonntagsfeiern? Sie erreichen mich unter annette.jantzen@bistum-aachen.de  der bei facebook: gotteswort, weiblich