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Taufe des Herrn // zur zweiten Lesung

Datum:
Fr. 6. Jan. 2023
Von:
Annette Jantzen

Petrus begann zu sprechen und sagte: »Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht parteilich ist. Vielmehr sind Gott in jedem Volk diejenigen recht, die Gott achten und rechtschaffen handeln. Das ist die Botschaft, die dem Volk Israel gesandt wurde, als Gott durch Jesus, den Gesalbten, der Macht hat über alle, Frieden verkünden ließ. Ihr wisst, was sich in ganz Judäa herumgesprochen hat: Begonnen hat Jesus aus Nazaret in Galiläa nach der Taufe, die Johannes verkündigte, als Gott ihn mit heiliger Geistkraft und Macht wie mit Salböl übergoss. Da zog er umher, tat Gutes und heilte alle, die vom Teufel unterjocht wurden, weil Gott mit ihm war.

(Aus der Zeit der Apostelinnen und Apostel, Kapitel 10, Verse 34-38)

Es baucht keinen Ritus, keine religiösen Regeln, keine erfüllten Voraussetzungen, um zu Gott zu gehören: Gott achten und rechtschaffen handeln, das reicht. Ein großer Schritt für den Juden Petrus, ein großer Schritt in die immer größere Freiheit Gottes. Es ist eine Sternstunde der Geschichte, in der alles Trennende seine Kraft verliert - die Herkunft, die Religion, das Geschlecht. Für einen Moment wird die Weite Gottes erlebbar. 

Wir hören diese Stelle nicht oft im Gottesdienst, daher fehlt der Kontext. Dieser kann weit mehr, als das Sonntagsevangelium von der Taufe Jesu im Jordan zu bebildern. Es ist die Mitte der Wandlung des Simon Petrus hin zu einer Größe und Weite, die heute unvorstellbar scheint.

Es geht los damit, dass Simon, der fromme Jude, der in Jesus seinen Messias gefunden hatte, der in Jesu Namen heilte, taufte, das Brot mit seinen Glaubensgeschwistern brach, eine Vision hatte: Vom Himmel senkte sich ein großes Tuch herab, voll beladen mit allerlei Tieren, und er hörte den Befehl einer himmlischen Stimme: "Schlachte und iss!". Die so gerechtfertigte Gewalt gegenüber Tieren ist ein weiteres Problem - erst einmal geht es hier um ein göttliches Picknick als Verführung, und Simon widersteht, bis die begleitende himmlische Stimme hörbar ungehalten wird und ihn rüffelt: "Was Gott für rein erklärt hat, das erkläre du nicht für abscheulich!" (Apg 10,9-16)  

Und während Petrus noch damit beschäftigt ist, mit diesem religiösen Albtraum von einer Vision zurechtzukommen, kommt eine Gesandtschaft aus Caeserea, ihn in das Haus eines römischen Befehlshabers namens Cornelius einzuladen. Petrus beginnt, die Vision zu verstehen und auf seinen Umgang mit Menschen hin zu übersetzen. Es geht nicht nur ums Essen, es geht darum, dass vor Gott nichts und niemand allein durch sein So-Sein unheilig oder unrein ist. Im Haus des Cornelius - das zu betreten schon eine Übertretung der Tora war - hält nun Petrus die Rede, die mit seinem eigenen Staunen darüber beginnt: "Wirklich, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, dass Gott nicht parteilich ist." 

In der Folge kommt die heilige Geistkraft über alle Anwesende, jüdische wie nichtjüdische, Männer wie Frauen, Freie wie Unfreie. Erfüllt von dieser Geistesgegenwart tauft Petrus alle, und unmittelbar darauf muss er sich vor seinen Glaubensgeschwistern in Jerusalem rechtfertigen. Die diese Geistkraft nicht erlebt haben, sie sehen nicht die großartige göttliche Entgrenzung, sondern die Übertretung. Und ihnen entgegnet Petrus: "Wer bin ich, dass ich Gott hindern könnte?" (Apg 11,17)

Schön - und anders als heute erlebbar - ist, dass dieses Argument von den Jerusalemern sofort akzeptiert wird, so erzählt es jedenfalls der harmoniebedachte Lukas.

Der Satz "Gott ist nicht parteilich, Gott schaut nicht auf die Person", er ist also weit mehr als der Beginn einer Rede. Er könnte das Gesicht der Kirche verändern, denn er erwächst aus einer umstürzenden Erfahrung. Petrus wird ein Grenzgänger, weil er auf einmal wirklich begriffen hat, was die Weite Gottes meint. 

Vor Gott sind alle Menschen gleich. Egal, wer sie sind, wen sie lieben, wie sie aussehen, wo sie herkommen, was sie glauben. Und: Gott lädt jeden in ihre Weite ein. 

Es ist nicht unbegreiflich, aber tieftraurig, was daraus geworden ist. Eine Kirche voller Verletzungsgeschichten, die sich noch nicht einmal darauf einigen kann, dass es diese Verletzungen gibt. Könnte die heilige Geistkraft heute die Zäune, die die Nachfolger von Simon Petrus um die kirchliche Ordnung gezogen haben, um die Gegenwart Gottes in dieser Kirche einzuhegen, noch einmal überwinden? Fände sie genügend Menschen, die ihr glauben würden?

Wenn ein Papst oder ein Bischof heute eine vergleichbar anstößige Vision hätte wie Simon Petrus damals, wäre es vielleicht riesige Gruppe queerer Menschen mit ihren geliebten Menschen, und die Stimme vom Himmel würde sagen: Segne! Und es wäre eine riesige Gruppe Frauen aller Kontinente, und die Stimme würde sagen: Spende ihnen die Weihe! Und wenn der Papst sich weigern würde, würde die Stimme sagen: Wer bist du, dass du Gott hindern könntest?

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