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Vierter Adventssonntag A // zum Evangelium - Gott und ich

Datum:
Fr. 16. Dez. 2022
Von:
Annette Jantzen

Hey, was liegt an?, fragt Gott.
Oh, wie schön, dass du vorbeikommst, sag ich. Du kommst gerade richtig.
Warum?, fragt Gott, setzt sich auf die Fensterbank und schaut zur Weihnachtsbeleuchtung auf der Straße hinunter.
Ich sitze mal wieder an deiner Geburtsgeschichte, sag ich. Der Engel, der Josef gesagt hat, er solle bei Maria bleiben. Und immer wieder das Ding mit Jungfrau, junge Frau und so. Und alles, was daraus geworden ist.
Ach je, sagt Gott.
Ich kann das nicht mehr gut hören, sag ich. Ich hab dann an die ganzen Definitionen mit Jungfräulichkeit vor, während und nach der Geburt im Kopf und dann denk ich, das kann es echt nicht sein.
Gott guckt.
Hättest du das nicht anders schreiben lassen können?, frag ich.
Gott zieht die Augenbraue hoch.
Ja, ich weiß, das war in eine andere Zeit hinein geschrieben und du hast es auch nicht selbst geschrieben, sag ich. Machts für heute nicht besser.
So ist das mit Geschichten, sagt Gott.
Ich mag das auch nicht immer wieder da unter dem Ballast herausschälen, was da gemeint sein könnte, sag ich.
Du bist echt ganz schön angefressen, sagt Gott.
Ja, sag ich. Mir sagt das so gar nichts schönes mehr.
Aber eigentlich gibts darin alles, was es für eine gute Geschichte braucht, sagt Gott. Liebe, Mut, einen Engel und sogar ein Baby.
Wenn du das so sagst, klingt es gleich viel besser, sag ich.
Siehst du, sagt Gott.
Als kleines katholisches Mädchen vom Niederrhein war das für mich so klar, dass da vor der Hochzeit nichts gelaufen war, sag ich. Das wäre viel unvorstellbarer gewesen als eine Jungfrauengeburt.
Gott lacht.
A propos Niederrhein, sagt Gott, magst du ein Alt?
Gott zieht zwei Flaschen aus dem Umhängebeutel und hält mir eine hin.
Ich lache auch. Ok, sag ich. Danke. Und Prost.
Auf das Leben, sagt Gott und stößt meine Flasche sachte an.
Komisch, sag ich nach einer Trinkpause, beim Sterben haben wir so gar nicht den Bedarf, zu erzählen, dass du davon nicht richtig betroffen gewesen wärst. Aber bei der Geburt denken wir, bloß nicht zu realistisch werden.
Na komm, sagt Gott, das kennst du doch. Vom Geborenwerden erzählt ihr immer in Geschichten. Was es bedeutet hat und so.
Du meinst sowas wie, dass Schnee gefallen ist in der Nacht oder dass die Glocken geläutet haben, und nicht wieviel Uhr es genau war?, frag ich. Oder dass das Baby so große Augen hatte?
Zum Beispiel, sagt Gott.
Das erzählt sich auch besser als alle Einzelheiten, sag ich. Wenn man die überhaupt noch auf die Kette kriegt.
Siehst du, sagt Gott. So anders macht der Matthäus das auch nicht.
Wenn du das so sagst, klingt das total einfach, sag ich.
Ist es ja auch, sagt Gott.
Wie war das nochmal, Liebe, Mut und ein Engel?, frag ich.
Und ein Baby, sagt Gott.
Ja, sag ich. Danke.
Damit kommst du klar, oder?, fragt Gott.
Ich glaub schon, sag ich
Dann habs mal gut, sagt Gott. Die Flaschen lass ich dir hier, ok?
Ok, sag ich.
Und einen schönen vierten Advent, sagt Gott.
Dir auch, sag ich. Bis bald mal wieder. Und Amen.

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