Bleibende Frucht?

Impuls von Sr. Dr. Christiana Reemts OSB, Abtei Mariendonk, Grefrath

Sr. Dr. Christiana Reemts OSB  3
Sr. Dr. Christiana Reemts OSB 3
Datum:
Mo. 22. Juni 2020
Von:
Ordensbüro

Im Johannesevangelium sagt Jesus: „Ich habe euch dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt“ (Joh 15,16). Glaube ich das wirklich? Glaube ich, dass mein Leben eine Frucht hat, die bleibt? Oder versuche ich, mich damit abzufinden, dass alles vergeht, dass ich wenig Früchte meiner Arbeit sehe und auch unsere Kirche nicht gerade als einen Baum empfinde, der unter seinen Früchten fast zusammenbricht.

Zu Beginn des Psalters wird der Mensch seliggepriesen, der Gottes Weg folgt und von dem es heißt, dass er Frucht bringt, ja sogar: „Alles, was er tut, es wird ihm gelingen“ (Ps 1,3) und in Röm 8,28 hören wir: „Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“. 

Gelingt mir alles? Eher nicht, vieles mißlingt und läßt mich an der Fruchtbarkeit meines Lebens zweifeln. Andererseits: Es gibt Früchte, manchmal erlebe ich, dass Dinge gelingen, oft bin ich er­staunt, dass Unternehmungen, die sehr schwierig scheinen, am Ende doch zum Guten führen. Mein Zweifel besteht eher in dem Wörtchen „bleibt“. Ja, es gibt Frucht, aber gibt es bleibende Frucht? Im Grunde hängt die Antwort davon ab, ob ich wirklich glaube, dass ich selber bleiben werde, dass es also für mich ein Leben nach diesem Leben geben wird. In der Bibel und im Katechismus wird mir das verkündet, aber mein natürliches Empfinden sagt mir: Schau doch, die Toten sind tot und stehen nicht wieder auf, die Grenze des Todes ist absolut. 

Wenn ich in BibleWorks den Begriff „Frucht“ ergebe, finde ich Röm 7,4f mit der Alternative: Christus angehören und Gott Frucht bringen - die dann auch bleibt - oder dem Tod Frucht bringen - was immer das bedeutet. Der Ausdruck „eure Frucht bleibt“ zwingt mich, wenn ich ihn wirklich ernst nehme, radikal zu sagen: Entweder ist mein Glaube an die Auferstehung Jesus Christi wahr, dann kann ich hoffen, dass ich selbst und etwas von den Ergebnissen meines Tuns überdauern wird, oder Christus ist im Tod geblieben, dann gibt es für niemanden bleibende Frucht, denn wir alle werden eines Tages sein wie nie gewesen. 

Ich denke, wir sollten immer mehr dazu übergehen, die Alternativen deutlich zu formulieren, sonst verschwindet der christliche Glauben in einem Nebel schöner Worte.

Sr. Christiana Reemts OSB