Nun beginnen die Monate, in denen die meisten Ferien machen. Was aber heißen Ferien für Christen und Christinnen?
Wenn die Tage frei sind von Arbeit, keine Termine den Tag bestimmen, die Alltagshetze ruht – was ist dann mit den regelmäßigen Zeiten für das persönliche Gebet? Was ist mit den festen Gottesdienstzeiten, mit den täglich für die Schriftlesung reservierten Einheiten? Gibt es auch davon Ferien? Wahrscheinlich gehen Sie davon aus, dass meine Antwort ganz fromm, klösterlich und mit Entrüstung in der Stimme „Nein“ lautet. Aber ich möchte hier eher für ein „Nein und Ja“ plädieren.
Natürlich ist es für Glaubende zu allen Zeiten des Jahres, in allen Monaten und an jedem Tag wichtig, richtig, sinnvoll und für eine intensive Gottesbeziehung nötig, zu beten, Gottesdienst zu feiern, in der heiligen Schrift zu lesen und Zeit zu haben für Gott. Schon im menschlichen Bereich machen wir ja keine Ferien von Freundschaften, nehmen wir uns für uns wichtige Menschen selbst in den Ferien Zeit, denken an sie, schreiben ihnen, telefonieren… Und da sollten wir ausgerechnet zu Gott sagen: „Sorry, aber jetzt habe ich Ferien, da will ich mal nur an mich denken, für dich ist da dann mal keine Zeit, grad spielst du mal keine Rolle in meinem Leben“. So krass ausgedrückt würde das sicher niemand sagen. Und doch: Gibt es nicht hin und wieder genau den Drang dazu? Auch der Glaube, wenn er nicht leicht fällt, nicht selbstverständlich das Denken und Handeln prägt, sondern ein Kampf ist, ein Aufraffen, ein Ringen, kann den Wunsch nach Ferien vom Glauben wecken.
Und hier möchte ich dann nach dem „Nein“-Anteil den „Ja“-Anteil meiner Antwort zur Frage nach Ferien vom Glauben benennen, indem ich Teile eines Textes von Charles Peguy als Einladung zitiere, in den Ferien „einfach“ mal darüber zu sinnieren, was Gott uns schenkt an Abschalten dürfen, an Nichts-machen-Müssen, an Ihn(!)-wirken-Lassen, an Einfach-da-sein-Dürfen, an Sicherheit, dass alles in seinen gütigen Händen geborgen ist, und er uns liebt, ohne Vorleistungen. Wir müssen nicht um seine Aufmerksamkeit buhlen, ihm müssen wir nichts beweisen (er kennt uns eh besser als wir uns selbst). Er sorgt für uns wie ein guter Vater, eine gute Mutter – auch in unseren Ferien, auch wenn wir vom Ringen um unser kärgliches bisschen Glauben erschöpft sind und einfach mal die Seele baumeln lassen möchten: „…Der Schlaf ist vielleicht meine schönste Schöpfung…Die nicht schlafen - welcher Mangel an Vertrauen in mich…Die Armen, sie wissen ja nicht, was gut ist…Als ob ich nicht fähig wäre…eine Nacht lang sicher zu lenken. Wer nicht schläft, ist untreu der Hoffnung. Und das ist die größte Untreue…Überlasst nur dem morgigen Tage jene Sorgen und Leiden, die euch heute zernagen…Überlasst nur dem Morgen die Tränen…die euch überschwemmen...Denn zwischen heute und morgen bin ich, Gott, vielleicht an euch vorübergegangen.“
Einem Gott, der so liebevoll und so fürsorglich ist, uns den Schlaf zu schenken, also gerade die Pausen vom Alltag mit seiner Arbeit, seinen Sorgen – einem solchen Gott auch in den Ferien nahe sein zu wollen, mit ihm Zeit zu verbringen, ihn hören und in seiner Schöpfung entdecken zu wollen, kann das nicht ein wundervoller Teil der Ferien sein?
Sr. Lioba Zahn OSB