Gedanken aus der Zeitkapsel

Impuls für August von Sr. Waltraud Schulte PIJ, Aachen

Sr. Waltraud Schulte PIJ
Sr. Waltraud Schulte PIJ
Datum:
Di. 31. Juli 2018
Von:
Ordensbüro

Vor einiger Zeit fühlte ich mich in eine Zeitkapsel versetzt. Was war geschehen?

Aus unserem Kloster in Simpelveld (NL), in dem ich über die Zeit verteilt bis 2011 insgesamt 14 Jahre gelebt hatte, entstand nach langem Suchen über eine Anschlussnutzung aus einem Gebäudeabschnitt ein Museum. Seit dem 01. Juni 2018 ist es für die Öffentlichkeit zugänglich.

Mit drei weiteren Mitschwestern hatte ich mich bereit erklärt, Führungen durch das Museum anzubieten. Kein Problem, dachte ich, das habe ich doch immer schon gemacht. Hunderte von Menschen erhielten im Simpelvelder Kloster Führungen.

Aber da geschah etwas mit mir, das ich nicht vorausgesehen hatte. Mich überfiel Befremdliches: Beim Betreten mir lange bekannter Räume sah ich in die Geschichte hinein und ließ mich durch Teile der Geschichte führen, die ich selbst, wenn auch nur am Rande, noch erlebt hatte. An diesem Tag wurde ich wie eine Besucherin durch Bereiche geführt, die einmal meine Klosterheimat waren. Lebensgeschichten von Mitschwestern schienen auf mich zuzukommen. Ich ging durch die professionell gestalteten Ausstellungsräume und sah gleichzeitig vor meinem inneren Auge, was sich darin früher zugetragen hatte. In meinem Kopf drehte es sich. Teile meines eigenen Lebens flossen mit den gelebten Leben meiner Mitschwestern zusammen und nahmen museale Formen an. Verwobenheit war ein seltsamer Gedanke, der sich festsetzte. Stand ich noch lebend schon in meinem ‚Lebensmuseum'?

Die Räume, in denen die künstlerischen Fähigkeiten meiner Mitschwestern voll zur Geltung kommen, ließen mich nur noch staunen. Fachliche Kompetenz in der Kunst der Nadelmalerei, innige Schönheit, spirituelle Ästhetik und die theologischen Aussagen der Exponate übten auf mich, die ich künstlerisch völlig unbegabt bin, eine überwältigende Strahlkraft aus. Staunend und mit Ehrfurcht vor dem Können meiner Mitschwestern ließ ich mich in ihre Welt begleiten.

Die liturgischen Gewänder in aufwändiger Paramentenstickerei aus Österreich, Deutschland, und aus dem ehemaligen Simpelvelder Mutterhaus in Glasvitrinen ausgestellt, führten mich gedanklich in eine Richtung, die nur bedingt mit den Textilien zu tun hatte.

Die Gewänder wirkten in ihrer Pracht auf mich wie wunderbare Hüllen, die nicht mehr passen, so, als ob im Laufe der Zeit eine Art geistlicher „Häutung" stattgefunden hätte, wenn es denn so etwas gäbe. Damit verbunden stellte ich mir die Frage, welche Spuren wir hinterlassen, welche geistlichen Ausdrucksformen unsere Leben annehmen, wie inspirierend sind sie?

Gern können wir im Museum gemeinsam darüber nachdenken. Herzlich willkommen!