Das Auf und Ab, die Urenergie der Wellen erinnert mich an die Geburt des Universums, den Beginn der Welt-Zeit.
Zeit – das ist die Dimension, die Werden und Vergehen, also Entwicklung ermöglicht. Durch sie können wir Erkenntnis gewinnen und Entscheidungen treffen.
Nicht immer sind das gute Prozesse. Leider gibt es immer auch Entwicklungen, die Unheil bringen - für uns und Andere.
Unser Ordensgründer Pater Jean Joseph Lataste (* 5. September 1832 in Cadillac; † 10. März 1869 in Frasne-le-Château) hat in einer Predigt seine Betrachtung des Meeres in Worte gebracht. Er vergleicht die Meereswellen mit dem Wechsel guter und unheilvoller Lebensentscheidungen: „Wenn aber dieser Schritt zurück und dieser Fall aus freien Stücken geschieht, weinen wir! Weinen wir, doch verzweifeln wir nicht, sondern stehen wir wieder auf und machen wir uns mutig auf den Weg!
Um in den Himmel zu kommen ist es nicht wichtig, unterwegs niemals zu fallen (wie wenige kämen dann dorthin!). Wichtig ist nicht, niemals zu fallen, sondern auf dem Weg zu bleiben.“
Wenn unser Leben und damit unsere Zeit irgendwann endet und alle Entwicklungen, alle Entscheidungen, alles Gewordene in die Einheit mündet, was geschieht dann mit den Antipoden, Gut und Böse, falsch und richtig?
Wir wissen es nicht, ein Leben außerhalb der Zeit, das Leben in Ewigkeit ist nicht vorstellbar.
Aber wir glauben an die Barmherzigkeit Gottes. Sie trägt uns im Auf und Ab der Wellen. Ich liebe es, das Meer - und Gott, der uns liebt, im Meer des Lebens.
Sr. Anna-Maria OP