Jedes Jahr im September befällt mich eine Schwermut.
Immer dann, wenn auch die letzten Kornfelder umgepflügt sind, morgens ein Tau die Sträucher und Wiesen benetzt und mich die Temperatur des Morgens frösteln lässt und die dickeren Jacken nach langer Zeit wieder zum Einsatz kommen. Meine beiden Kinder, mit denen ich lebe, vergessen die Jacken meist in der Schule, weil man sie spätestens ab Mittags nicht mehr benötigt und sie dann irgendwo hängen bleiben. Selbst am Abend wird es schon merklich früh dunkel, so dass ich Lichter einschalten muss, die den Sommer über ausgeblieben sind. Eine meiner Mitschwestern erzählte mir neulich, dass ab dem 15. August die „schwarze Jahreszeit“ beginnen würde, die bis zum 2. Februar andauert. Eine Zeit in der es um Vergänglichkeit, Sterben und Dunkelheiten geht. Und das mitten im Sommer. Einen Sommer, den ich manchmal tagsüber auch noch im September zu spüren bekommen. Viele christliche Traditionen und Feste würden von diesen uralten Weisheiten von Leben und Tod, Licht und Dunkelheit, durchdrungen sein. Jetzt im September wird z.B. das Fest Kreuzerhöhung gefeiert – was uns an Leid, den Tod erinnert. Und dann, am Ende dieser „schwarzen Zeit“, am Fest Maria Lichtmess, kommt das Helle und das Leben wieder zurück und wir weihen Kerzen für das kommende Jahr, die uns das Licht garantieren.
Das hat mir zu denken gegeben und fühlt sich stimmig an, wenn ich an mein jährliches Gefühl von Schwermut und Abschied in diesen noch warmen Tagen denke. Ich liebe den Frühling und den Sommer. Ich liebe Leben und Lebendigkeit. Doch nun werden die Tage schnell kürzer, bald fallen die Blätter und die ersten Weihnachtssüßigkeiten stehen tatsächlich schon in den Läden. Und an all das mag ich eigentlich im schönen September noch gar nicht denken. Ist aber wichtig. Denn das Leben beinhaltet eben immer auch den Abschied, das Dunkle und den Tod und das oft mitten in der Fülle.
Was für Septembergedanken! Aber gerade weil es noch sommerliche Anklänge gibt, ist mir dieser Übergang besonders bewusst. Dieses „noch nicht“ gibt mir Gelegenheit, das Warme und Helle zu genießen, einzusammeln für die dunklen Tage die kommen werden. Und im Wissen um das Danach, um den nächsten Frühling und Sommer, nehme ich Abschied vom Diesjährigen. Die Feste des Glaubens mitten im Leben und im Lauf der Jahreszeiten zu feiern ist ein Reichtum, eine Weisheit die mich durch das Auf und Ab, den Rhythmus des Lebens begleiten. Es ist halt alles drin - wie in diesem September.
Sr. Jordana