Manchmal frage ich mich, ob ich mir manch inneren Druck nehmen könnte, wenn ich intensiver und genauer zuhören würde.
Mit meinem Gegenüber in einen echten Dialog und in ein wirkliches Gespräch begeben würde. Allzu schnell schalten meine Ohren in routiniertes Hören um. Schon ehe eine Frage formuliert ist, arbeitet mein Gehirn und bastelt eine Antwort zurecht. Mitunter bin ich dann sogar so übereifrig, unbedingt eine passende Antwort parat zu haben, dass ich das Eigentliche der Frage oder des Erzählten nicht mehr wahrnehme und in Aktivismus übergehe. Ja, alles Mögliche sage, tue und erledige, was aber doch vom Fragenden nicht gewollt ist.
Und auch umgekehrt habe ich es schon erlebt. Ich war mit dem Zug nach Frankfurt unterwegs. Ohne Smartphone, auf dem ich hätte die App befragen können, kam in mir die Frage auf, ob der Zug denn wohl vielleicht in Frankfurt Süd halten wird. Dann wäre ich schneller am Ziel, dachte ich mir. Kurzerhand fragte ich bei der Fahrkartenkontrolle den Zugbegleiter. „Nein“ war die rasche Antwort und sogleich vertiefte er sich in sein Smartphone. Scrollte hin und her und zählte mir die verschiedensten Möglichkeiten auf, wie ich denn am besten nach Frankfurt Süd käme. Unbeschreiblich eifrig war dieser Mann. Ich schaute ihm zu. Er war so beschäftigt, dass er meine nochmalige Nachfrage gar nicht wahrnahm. Mir ging es doch nur darum zu erfahren, ob der Zug in Süd hält. Mehr wollte ich gar nicht wissen. Vom Hochbetrieb rundum – der Zug war überfüllt – ließ er sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich bedankte mich für die ausführliche Auskunft. Aber ich glaube, dass er den Dank gar nicht mehr mitbekam. Er war schon beim nächsten Fahrgast.
Das Gesagte und Gewollte erreicht unser emsiges Ohr nicht mehr, verpasst den Kern der Sache. Ich denke an Momo, neben die sich abends Beppo der Straßenkehrer setzte, um ihr zu erzählen, was er tagsüber erlebt hat. „Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte.“ so schreibt Michael Ende in dem Märchenroman Momo.
Gottes Einladung an uns ist auch meist kurz. Er hört uns zu und er lädt ein zu erzählen. Er will keine ausführlichen Stellungnahmen. Es gibt keinen Leistungsdruck. Und so kann ich einfach zu ihm sagen: „Gott, ich hätte da noch etwas auf dem Herzen, etwas, dass ich dir mitteilen möchte, kann ich dir das sagen?“
Sr. Dolores Haas SPSF