Der junge Ordensbruder macht ein Praktikum in unserem Pastoralteam. Er hat seine wichtigsten Uniprüfungen abgeschlossen und fühlt sich gut gerüstet für seine Arbeit am Napofluss. Nachdem er eine Zeit im Zentralort Rocafuerte verbracht hat, soll er mit meinem Pfarrerkollegen und mir in zehn Naporunadörfer fahren, um das Leben dort besser kennenzulernen. Wir packen am Bootssteg für eine Woche unsere Rucksäcke, Igluzelte, Reis, Zucker und Thunfisch, die wir jeweils zum Gemeinschaftsmahl beisteuern, und auch den kleinen Sakramentenrucksack in das Metallboot der Pfarrei. Ich bin an Land als der Praktikant einsteigt, seinen Rucksack abstellt, wieder aussteigen will und - - - PANIK - - -
Seine Augen sind gigantisch und voll Angst bereits etwa zehn Meter von mir entfernt. Das Boot hängt an seiner langen Leine in heftiger Gegenströmung. Er kann nicht mehr zurück, nicht mehr raus!!! Das Paddel liegt noch am Landesteg und hätte bei der Strömung auch nicht geholfen.
Plötzlich, wie aus einem Munde, fangen alle Nachbarn, die Katecheten, die am Steg zusehen, der Pfarrer im Boot und auch ich laut an, zu lachen und lachen und lachen. Nach einer Weile hat der Pfarrer Erbarmen und zeigt ihm unter Lachen, wie er vom Boot aus die Leine trotz Strömung selbst verkürzen und sich damit wieder zum Steg hinziehen kann. Erleichtert lacht er mit und wir lachen gemeinsam.
Ich erinnere mich gut, wie mir ganz genau dasselbe passiert ist. Die Sache mit dem Verkürzen der Leine hab ich schnell gelernt und oft gebraucht.
Die Sache mit dem Lachen hat lange gedauert. Obwohl mir der alte Kollege, der wie ich, lange in den Dörfern gelebt hat, schon erklärt hatte, dass das Lachen hier anders ist, hab ich es erst wirklich erfahren müssen.
Wenn jemandem etwas kaputtgeht, sie etwas falsch macht, er etwas nicht weiß, was alle wissen, sie ausgerutscht und in den Matsch gefallen ist - - - alle rundum lachen laut, kräftig und solange bis die Betroffene mitlacht. Alle gemeinsam erzählen dann noch x-Mal, wie gut die Geschichte war und bringen damit wieder andere dazu, auch noch mitzulachen.
Solange mir allein meine "westliche" Erziehung in den Knochen steckt, fühle ich mich ausgelacht, lache irgendwie höflich mit, finde es gar nicht lustig und hoffe, es sei bald vorbei. Je mehr mir das Naporuna-Leben unter die Haut geht, umso mehr fühlt es sich anders an. Wir lachen gemeinsam das Missgeschick weg, den Zorn und die Peinlichkeit. Wir wissen, dass uns Morgen wiedermal selbst etwas passieren wird und dann ist es gut, uns und die anderen mit Lachen zu entspannen. Lachend kehren wir die Scherben zusammen und fangen, wenn möglich, nochmal von vorne an. Da bleibt keine Wut, die dann wieder an anderen ausgelassen werden wollte.
Naporunalachen hat etwas gemeinsam mit dem Karneval im Rheinland.
Do laachs do dich kapott, dat nennt mr Cämping,
do laachs do dich kapott, dat fingk mr schön,
wenn em Zelt de Mücke un de Hummele dich verjöcke
un do kanns dann nit erus em Rän...
Weil dä Schäng die Diercher satt, schlog hä se mem Knöppel platt,
dat hät nix jenotz, et komen immer mih,
denn wenn ein dobei kripeet, han ner fuffzig konduleet,
un zom Schlofe kome Schmitzens nie.
Un et ränt wie e Bies, en de Zupp un op dr Kies...
Do laachs do dich kapott, dat fingk mr schön...
(Karl Berbuer & Die Höhner)
HELAU & ALAAF