Es gibt keinen Advent in Ecuador! Mit Ausnahme einiger Kirchen, auf deren Altären in den letzten Jahren manchmal ein Plastikkranz mit Kerzen zu sehen ist, und der lauten Shopping-Malls in den Großstädten, wo unter Tropensonne US-amerikanische Weihnachtsmänner ihre Rentiere durch Plastikschnee treiben, gibt es keinen Advent.
Den braucht es auch nicht in Ecuador! Es braucht keine immergrünen Kränze, denn alle Bäume sind immergrün. Es braucht keine Kerzen in immer längeren, dunkleren Nächten, denn alle Nächte des Jahres sind gleich lang. Es braucht keine roten Äpfel, die man auch an kalten Wintertagen noch essen kann, wenn draußen nichts mehr wächst, denn wo genug Wasser ist, wächst es in Ecuador immer.
Advent lebt aus unseren ureigensten Wurzeln, aus kalten mitteleuropäischen Wäldern, aus Zeiten, wo wir noch am eigenen Leib erfahren konnten, was Dunkelheit, Kälte und Winterhunger bedeuteten. Da wurde uns warm ums Herz, hell in den Augen und weit in der Nase bei Kerzenschein und Tannenduft. Ein Licht zeigte an, dass da noch was kommen kann, dass nicht alles am Ende ist, auch dan nicht, wenn die Nacht immer und immer länger wird. Eine einzige Kerze kann einen großen Raum hell machen - ganz alleine - - -
WIR brauchen den Advent, heute so dringend wie eh und je, heute so zugemüllt wie nie zuvor - - -
Die Naporuna im Amazonaswald haben eine andere Kultur, andere Zeichen, die die Hoffnung am Leben halten, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht. Sie erzählen die alten Geschichten ihrer Vorfahren. Zum Beispiel die Geschichten von den Katastrophen. Im Amazonaswald passieren Katastrophen immer dann, wenn die Menschen sich nicht an das halten, was zum Leben des Waldes, des Flusses, der Tiere und Menschen notwendig getan werden muss.
Die Katastrophe der Dunkelheit
Eines Tages nun hatten die Menschen es dahin gebracht, dass alles dunkel wurde und dunkel blieb. Es bebte alles und es war, als ob die Sonne sich versteckt hatte. Die Flammen des Küchenfeuers wurden kleine Funken und flogen davon. Bis heute gibt es deshalb den Vogel, den wir Feuervogel nennen.
Da gab es kein Feuer mehr. "Was machen wir jetzt? Wie sollen wir denn leben?"
Nur diese Holzstücke vom Pitubaum, die waren nicht weggeflogen. Die sind zu schwer. Da ist Wasser drin. Aber die glühen - ein ganz klein wenig, bleiben ein ganz bisschen rot. Die Menschen nannten die Pituscheite deshalb "Gottesholz".
Nur mit ihrer Hilfe haben sie überlebt. Ein ganzes Jahr lang blieb es dunkel bis die Menschen anfingen, darüber nachzudenken, wie es dazu gekommen war. Da endlich kam Gott, da wurde es wieder Tag.
Sie haben zu Gott gebetet und mit Pituholz das Glühen erhalten.
Deshalb tun wir das bis heute, erzählen die Naporuna.