Alleinerziehend

Von der Arbeit des Familienzentrums in Ischim/Sibirien

Elena vor der Caritas Ischim (c) Armen-Schwestern vom hl. Franziskus
Elena vor der Caritas Ischim
Datum:
Mo. 18. Okt. 2021
Von:
Armen-Schwestern vom hl. Franziskus
Kreatives Arbeiten im Familienzentrum (c) Armen-Schwestern vom hl. Franziskus
Kreatives Arbeiten im Familienzentrum

Die Stadt Ischim, mit etwa 65.000 Einwohnern findet sich etwa 300 km nordwestlich von Omsk. Sie liegt direkt an der Strecke der transsibirischen Eisenbahn und ist somit infrastrukturell gut angebunden. In fußläufiger Distanz zum Bahnhof und nah zum Stadtzentrum findet sich das Gebäude der Regionalcaritas mit einem Beratungsangebot, einem Familienzentrum und der Hauskrankenpflege.

Das Familienzentrum der Caritas Ischim unterstützt Elena, im Bild im grünen Pullover zu sehen, und ihre Kinder. Die Geschichte der Familie ähnelt derer vieler Familien in Sibirien und könnte ebenso in Barnaul, Omsk oder Tomsk zu finden sein.

Als Elena von ihrer Schwangerschaft erfährt, hofft sie, dass damit eine neue Etappe in ihrem Leben beginnt: Die Gründung einer eigenen kleinen Familie. Der Vater des Kindes wollte sie sogar heiraten und damit die Partnerschaft offiziell registrieren. So schien alles in Ordnung. Vier Jahre später wurde sie ein zweites Mal schwanger. Die Ehe war inzwischen schwierig, denn der Familienvater hatte ein Alkoholproblem. Als er davon erfuhr, erneut Vater zu werden, verschwand er. So blieb die schwangere Elena mit ihrem 5-jährigen Sohn alleine zurück. Frauen in Kleinstädten wie Ischim haben immer noch Angst davor, alleine zu leben. "Besser einen Taugenichts haben als gar keinen Mann", so sprechen viele über den Partner. Sie glauben, dass der Anschein einer vollständigen Familie, mit Vater und Mutter, die Kinder vor dem Gerede anderer schützt. 

So gab es im Leben der jungen Familienmutter immer wieder neue Männer, neue Kinder und sie tolerierte vieles. Der letzte Mann in ihrem Leben  wurde wegen Drogenhandel von der Polizei verhaftet und zu 20 Jahren Haft verurteilt. Und das sollte nicht die letzte Enttäuschung in ihrem Leben bleiben. Nach einer Weile erfuhr sie, dass der älteste Sohn Drogen konsumierte, zu denen er durch seinen Stiefvater Zugang gefunden hatte. Den Sohn aus der Spirale des Drogenkonsums zu retten überstieg die Kräfte der alleinerziehenden Mutter mit vielen Kindern. Er wurde dem Jugendamt gemeldet und in eine psychiatrische Klinik für Drogenabhängige eingewiesen. Wenn auch traurig über die Entwicklung, war Elena doch erleichtert, denn ihr Sohn war unkontrollierbar und aggressiv, verursachte Skandale, jagte den jüngeren Geschwistern Angst ein, zerschlug Spiegel und Geschirr. Vor allem wirkte sich sein Verhalten auf seine Schwester Vika aus. Nach der Verhaftung des Vaters ließ ihre Mutter sie oft mit den jüngeren Kindern allein und erlaubte ihr, den Unterricht zu schwänzen. Sie ist zwölf, geht nur widerwillig zur Schule, weil ihr das Lernen sehr schwer fällt. Die Klassenkameraden ärgern und hänseln sie, manche schlagen sie sogar.

Die Sozialpädagogin der Caritas begann mit Mutter und Tochter zu arbeiten. Bemühte sich, für die jüngeren Kinder einen Platz im Kindergarten zu bekommen, so dass Vika nicht mehr Zuhause mit ihnen statt in der Schule sitzen braucht. Sie ermutigten die Familienmutter dazu, einen Job anzunehmen. Sie arbeitet heute als Reinigungskraft und als Portier in einem Übernachtungsbetrieb. 

Mit Vika ist eine Langzeit-Therapie geplant. Sie ist sehr introvertiert und bemüht sich nicht, mit anderen Kindern während der Gruppentherapie zu kommunizieren. In diesem Jahr wird sie aufgrund ihrer schlechten schulischen Leistungen in eine Förderschule umgeschult. Bei einer guten Zusammenarbeit zwischen Schule und Familie kann das für sie einen Neustart in eine bessere Zukunft bedeuten.

 

 

Die Armen-Schwestern vom hl. Franziskus engagieren sich mit ihrer Sibirienhilfe für die seelische und körperliche Not der Menschen in Sibirien. Ordensschwestern der Gemeinschaft haben über viele Jahre die Caritasarbeit im postkommunistischen Russland aufgebaut. Inzwischen leben und arbeiten die Schwestern wieder in Deutschland, aber die Verbundenheit und der Kontakt bleibt, und auch die Nöte und Sorgen der Menschen wurden nicht vergessen. Weitere Infos zur Sibirienhilfe finden sich auf der Webseite des Ordens: www.schervier-orden.de