Beschenkt werden: Jede Unterstützung ist für uns wie ein kleines Wunder

Im Gespräch mit den Leiterinnen der Diözesancaritas Westsibirien

Schwester Daria Rasskazova und Natalja Sokolova (c) Arme-Schwestern vom hl. Franziskus
Schwester Daria Rasskazova und Natalja Sokolova
Datum:
Do. 2. Dez. 2021
Von:
Arme-Schwestern vom hl. Franziskus
Die Caritas-Familienhilfe kommt an. (c) Arme-Schwestern vom hl. Franziskus
Die Caritas-Familienhilfe kommt an.

Gerade für Kinder ist Weihnachten ein besonders Fest, denn es gibt Geschenke. Wie feiern die Kinderclubs der Caritas Westsibirien das Weihnachtsfest?

Sr. Daria: Katholische Christen bilden in Russland lediglich eine kleine Minderheit. So ist vielen das christliche Weihnachtsfest nicht bekannt. Man könnte die Bevölkerung in zwei Gruppen aufteilen. Zum einen die Familien, die sehr religiös sind. Sie feiern das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest am 7. Januar, wenn arbeitsfreie Tage sind. In diesem Fall ist das Kind kirchlich sozialisiert und kennt die Bedeutung und Traditionen des Feiertags. Bei den anderen wird das Verständnis von Weihnachten erfolgreich durch das Neujahrsfest ersetzt, und das Kind kennt keinen anderen (kirchlichen) Feiertag. Die Kinder, die unsere Kinderclubs besuchen, sind natürlich Vertreter der zweiten Gruppe. Zu Hause feiern die Familien unserer Kinder bestenfalls das neue Jahr. Das Gleiche passiert in der Schule, im Kindergarten, im Freundeskreis. Weihnachten feiern unsere Kinder in der Tat nur in unseren Kinderzentren. Natürlich betreiben wir keine religiöse Propaganda, aber im Zuge des Eintauchens in die russische Kultur sprechen wir über diese christliche Tradition und versuchen den Inhalt des Weihnachtsfestes zu vermitteln.

Wie geht ein Kind, das in Armut lebt, damit um, ein Geschenk zu erhalten?

Sr. Daria: Für jedes Kind ist es wichtig, Geschenke zu erhalten. Leider ignorieren die Erwachsenen dieses wichtige Bedürfnis oft. Schließlich ist ein Geschenk nicht nur eine notwendige Sache im Haushalt, über die sich die Eltern freuen werden, wie neue Kleidung, ein paar Turnschuhe oder benötigtes Schulmaterial. Für die Eltern unserer Kinder ist es schon unbeschreiblich schwer, die Mittel für die akutesten täglichen Bedürfnisse der Familie zu finden. Geschenke sind sicherlich nicht in dieser Kategorie enthalten. Die Kinder nicken verständnisvoll, schließlich sind sie „schon groß“, aber in ihren Augen steht die Sehnsucht nach einem Wunder und nach der Erfahrung, dass sie wichtig und geliebt sind.

Natalja Sokolova: In Novosibirsk beispielsweise haben wir im Spätsommer eine große Kampagne gestartet, um Geschenke zu sammeln. Rund 200 benötigen wir, damit jedes Kind und jeder Jugendliche in unseren Projekten hier ein Geschenk erhält. Es ist in diesem Jahr leider deutlich zu spüren, dass viele Sponsoren, die sich sonst seit Jahren an dieser Sammlung beteiligt haben, nun absagen mit dem Verweis auf einen deutlichen Rückgang der Einnahmen während der anhaltenden Corona-Pandemie.
Ausgaben für Feste oder Geschenke sind im Budget unserer Projekte nicht inbegriffen. Wir sind glücklich, wenn es uns gelingt unsere Haushaltspläne, die stets nur die notwendigsten Ausgaben abdecken, mit Hilfe der finanziellen Unterstützung aus Deutschland aufstellen zu können.

Sr. Daria: Da geht es uns nicht anders als unseren Familien. Feste und Geschenke sind nicht vorgesehen und nicht realisierbar. Zum Glück ist es uns bisher immer gelungen, private Spender zu finden, die uns einmalig unterstützen wollen. Das ist für uns stets ein kleines Weihnachtswunder, wie für unsere Kinder und alle unsere Klienten.

Gibt es die Sorge, dass es den Kindern schwer fällt nach Hause zurückzukehren, wenn sie in den Kinderclubs - nicht nur zur Weihnachtszeit - Geborgenheit erfahren?

Natalja Sokolova: Natürlich sind solche Ängste immer präsent. Wir bemühen uns daher sehr, auch mit den Eltern zu arbeiten. Leider können wir aber aus unserer Erfahrung sagen, dass im Durchschnitt nur 30% der Eltern in Kontakt mit uns sind und bereit sind, an ihrer Situation etwas zu ändern. Schwierig ist es besonders mit Familien, in denen es eine Suchtproblematik gibt.

Sr. Daria: Auf der anderen Seite bin ich sicher, dass, wenn es mindestens einen Ort im Leben des Kindes gibt, an dem es gemütlich, sicher und komfortabel ist, das viel mehr Nutzen als Schaden bringen wird. Natürlich ist es schade, wenn dieser Ort nicht zugleich das Zuhause ist.

 

Die Armen-Schwestern vom hl. Franziskus engagieren sich mit ihrer Sibirienhilfe für die seelische und körperliche Not der Menschen in Sibirien. Ordensschwestern der Gemeinschaft haben über viele Jahre die Caritasarbeit im postkommunistischen Russland aufgebaut. Inzwischen leben und arbeiten die Schwestern wieder in Deutschland, aber die Verbundenheit und der Kontakt bleibt, und auch die Nöte und Sorgen der Menschen wurden nicht vergessen. Weitere Infos zur Sibirienhilfe finden sich auf der Webseite des Ordens: www.schervier-orden.de