Während in Deutschland die Christbäume weggeräumt werden, das laaang erwartete und schnell ausgepackte Fest wieder eingepackt wird und die schöne Verpackung im Müll landet, ist das Fest am Napofluss in Ecuador noch nicht zu Ende.
Nachdem die ganze Nacht dem Jesuskind und der Gemeinschaft ein überbordendes Geburtstagsfest mit sich biegenden Tischen und sich wiegenden Tänzen gefeiert wurde, bis die Kinder schon vor Müdigkeit auf dem Boden eingeschlafen sind, kommt kurz vor Morgengrauen der zweite Teil des Festes.
Der neue Tag kann nicht beginnen ohne Stabübergabe. Aus der wogenden Menge taucht plötzlich ein Paar auf, übernimmt klar das Mikrofon und die Leitung. Patin und Pate des Jesuskindes, die dieses Jahr das Fest organisiert haben, halten das Kind in den Händen. Alle stehen plötzlich still und hören konzentriert zu. Förmlich und feierlich bedankt sich die Patin bei jedem und allen, die mitgeholfen haben und bei der ganzen Dorfgemeinschaft, die diese Nacht gefeiert und genossen hat. Der Pate ruft das Patenpaar des nächsten Jahres auf, das schon die ganze Nacht als Ehrengäste gefeiert wurde. Es sind seine Nachbarn, reihum übernimmt jede Familie ein Jahr lang die Patenschaft. Unter Hochrufen und Trommelschlagen gibt die aktuelle der nächsten Patin das Jesuskind in die offenen Hände. Die Neuen versprechen hoch und heilig, das Kind zu hüten und die Verantwortung zu übernehmen für ein Geburtstagsfest im neuen Jahr. Während die Sonne zwischen den Bäumen aufgeht, begleiten Flötenspieler, Trommler und Familienmitglieder das Kind in sein neues Zuhause, wo es bald einschlafen wird genau wie seine neue Familie.
Den Paten des alten Jahres stehen noch ein paar harte Stunden bevor. Sie müssen Platz, Gemeinschaftshaus und Küche aufräumen, denn das Fest ist noch nicht zu Ende.
An einem der nächsten Tage kommt der dritte und letzte Teil, der zugleich der erste ist. Nicht nur die Leitung des Festes wechselt. Nach der Geburt des Gotteskindes kann nichts mehr bleiben wie es war. Auch die Leitung des Dorfes muss wechseln, auch der geschnitzte Holzstab des Dorfleiters geht in neue Hände über. Bereits vor dem Fest wurde das Leitungsteam neu gewählt, zum neuen Jahr wird es feierlich in sein Amt eingeführt.
Dieses Jahr wird in Ecuador genau wie in Deutschland auch die nationale Regierung neu gewählt. Wird sie wirklich neu sein? Oder hat jede Zeit nur ihre Farbe oder ihr Unterhemd wie es in Ecuador heißt?
Während des Festes bei den Naporuna hatte die staatliche Erdölgesellschaft bereits ihre Geschenke für die Kinder vorbeigebracht per Schnellboot und Fotogewitter, blonde Barbiepuppen für die Mädchen, Spielzeugpistolen für die Jungen, Tüten mit Süßigkeiten für alle. Die Leute sollen ihnen ja wohlgesonnen bleiben...
In der Eifel blinzelt eines Mittags kurz vor Weihnachten ein kleiner Schoko-Nikolaus aus meinem Zeitungsrohr mit Grußkarte eines Kandidaten zur Bürgermeisterwahl...
Ich stelle mir vor, der neue Regierungsstab würde nach dem Programm des biblischen Propheten Jesaja (9,1-6) zusammengestellt. Dann ginge das so:
Du zerbrichst... das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers. Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist... wird ein Fraß des Feuers. Denn uns ist ein Kind geboren... Fürst des Friedens... sein Reich festigt und stützt er durch Recht und Gerechtigkeit...
WIR HABEN DIE WAHL - DAS FEST IST NOCH NICHT ZU ENDE - - -