Aachen (12. Februar 2021). Das Internationale katholische Hilfswerk missio Aachen fordert mit einer Petition EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf, sich bei der irakischen Zentralregierung für einen zehnjährigen Stopp der Neuverteilung von Landbesitz in der Niniveh-Ebene im Norden des Iraks einzusetzen.
„Die Europäische Union soll ihren Einfluss auf die irakische Zentralregierung geltend machen, die anhaltende Umwidmung vor allem christlicher Gebiete in dieser Region an andere Gruppen zu verhindern. Unsere kirchlichen Partnerinnen und Partner leiden unter dieser Neuverteilung und wünschen sich einen stärkeren Einsatz der europäischen Politik“, so Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen. Unterstützerinnen und Unterstützer können die Petition unter www.missio-hilft.de/irakpetition unterschreiben, um ihre Solidarität mit den Christinnen und Christen im Irak auszudrücken.
Hintergrund ist, dass seit dem Irak-Krieg von 2003 und dem Terror des sogenannten „Islamischen Staates“ der Auswanderungsdruck auf Christinnen und Christen in der Niniveh-Ebene stark zugenommen hat. Zuletzt seit 2014 mussten Zehntausende aus ihrer Heimat flüchten. Dadurch sind die Eigentumsverhältnisse von Land- und Hausbesitz oftmals ungeklärt. Die Zentralregierung im Irak verteilt nun dieses Land an neue Besitzer. In der Niniveh-Ebene sind davon neben christlichen Gebieten auch andere Gruppen wie die Jesiden betroffen. Kompliziert wird die Situation dadurch, dass die irakische Zentralregierung auch mit der kurdischen Autonomiebehörde ins Einvernehmen kommen muss, zu der auch Teile christlicher Siedlungsgebiete gehören.
„Unsere kirchlichen Partnerinnen und Partner fordern einen Stopp dieser staatlichen Neuverteilung von Landbesitz für zehn Jahre, um die Besitzverhältnisse klären und das Katasterwesen modernisieren zu können. Das ist die Voraussetzung für die Rückkehr von Vertriebenen und Geflüchteten“, so Pfarrer Bingener weiter. Nach Angaben der missio-Partner sind seit 2014 erst 8.000 christliche Familien in die Niniveh-Ebene zurückgekehrt. „Wir beobachten seit einigen Jahren einen massiven Exodus von Christinnen und Christen aus dieser Region in andere Gebiete des Iraks oder ins Ausland“, so Bingener. Die Niniveh-Ebene ist eine der traditionellen Siedlungsgebiete der Christinnen und Christen im Irak. „Das christliche Erbe dieses Landes droht verloren zu gehen“, so Pfarrer Bingener.
Pfarrer Bingener begrüßt den angekündigten Besuch von Papst Franziskus vom 5. bis 8. März im Irak und in der Niniveh-Ebene, der dort mit Vertretern des Staates, der christlichen Kirchen und anderen religiösen Gruppen sprechen wird. „Nur in gegenseitigem Respekt und in Toleranz können die Probleme des Iraks gelöst werden“, so Bingener.
„Ohne einen vorübergehenden Stopp der Landverteilung werden die religiösen Spannungen im Land weiter angefacht“, erklärt Romina Elbracht, stellvertretende Leiterin der missio-Auslandsabteilung und Referentin für den Nahen und Mittleren Osten, einen weiteren Hintergrund der missio-Petition. „Zudem stellt der christliche Exodus aus dem Irak eine dramatische Gefahr für den irakischen Staat selbst dar,“ so Elbracht weiter. „Die christlichen Gruppen im Irak bilden einen wichtigen und stabilisierenden gesellschaftlichen Faktor. Ihr gänzliches Verschwinden wäre verheerend für die Zukunft des Iraks“, glaubt Elbracht. Daneben verdiene der Irak in der internationalen Politik mehr Aufmerksamkeit, da er für die Stabilität des Nahen und Mittleren Ostens sehr wichtig sei.
Die Petition und weitere Informationen finden Sie hier: www.missio-hilft.de/irakpetition
Weitere Informationen zur Arbeit von missio im Irak finden Sie außerdem hier.
Wer ist missio?
Das Internationale Katholische Missionswerk missio Aachen ist eines der großen deutschen Hilfswerke und gehört zu einem Netzwerk von rund 120 missio-Werken weltweit. missio Aachen verfügte 2019 über ein Projekt- und Kampagnenvolumen von rund 47,4 Millionen Euro, mit dem 946 Projekte in 68 Ländern gefördert wurden. missio Aachen unterstützt die katholische Ortskirche in Afrika, Asien, dem Maghreb und Nahen Osten sowie Ozeanien. Diese Förderung stärkt die pastorale, soziale und interreligiöse Arbeit, die Infrastruktur sowie die Ausbildung von Laien, Priestern und Ordensleuten der katholischen Kirche in diesen Regionen. Mit ihrer Arbeit erreicht die Kirche dort nicht allein Christen, sondern trägt zur Verbesserung der Lebensumstände der gesamten Gesellschaft bei. In vielen Ländern Afrikas, Asiens und Ozeaniens ist die Kirche oft die einzige Institution, die alle Menschen erreicht, da staatliche Strukturen schwach sind.