Während der Aachener Heiligtumsfahrt 2023, einer alle sieben Jahre stattfindenden Pilgerwoche der Diözese Aachen, bot unser Klosterhof unter dem Thema „Ich hätte so gern gewickelt“ eine Beratung für Frauen an, die ein Kind verloren haben. Dieses Angebot wurde von zahlreichen Frauen wahrgenommen. Schwester Daria und Natalia Sokolova, die schon einige Tage vor dem Partnertreffen 2023 angereist waren, um die spirituellen Angebote der Heiligtumsfahrt zu erleben, waren tief berührt und nahmen die Anregung mit nach Sibirien. Seit Januar 2024 ist dieses Thema nun als Modellprojekt der zentrale Arbeitsschwerpunkt im Familienzentrum in Barnaul.
Frauen in Russland, die ein Kind durch Fehl-, Früh- oder Totgeburt, Krankheit, Unfall oder Schwangerschaftsabbruch verloren haben, finden oft kaum Unterstützung. Psychologische Beratung können sich nur sehr gut situierte Frauen leisten. Oft werden diese Frauen von ihren Partnern und Verwandten verurteilt und als „schuldige“ Mütter und Ehefrauen beschimpft. In muslimischen Familien kommt es oft sogar zur Ausgrenzung. Diese Frauen sind tief traumatisiert, fühlen sich wertlos und isoliert.
Das Beratungsangebot der Caritas in Barnaul wird sehr gut angenommen. Oft suchen Frauen das Familienzentrum zunächst wegen anderer sozialer Probleme auf. Im Gespräch offenbaren sie dann ihre tiefen seelischen Verletzungen. Das Team wurde um eine erfahrene Psychologin ergänzt, die Frauen in Risikoschwangerschaften unterstützt. Frauen, die das Zentrum aufsuchen, erhalten zuerst individuelle Beratung. Für viele ist es eine große Hürde, über ihr inneres Leid zu sprechen, oft tragen sie ihre unverarbeitete Trauer seit Jahrzehnten in sich. Nach einer dreimonatigen Stabilisierungsphase in Einzeltherapie nehmen die Frauen an einer dreimonatigen Gruppentherapie teil. Themen wie „Trauer zulassen und ausdrücken“, „Umgang mit Angst und seelischem Schmerz“ und „Innere Ressourcen erkennen und nutzen“ stehen dabei im Mittelpunkt.
Zum Abschluss fuhr die Gruppe im Sommer für einige Tage ins Altaigebirge zum Telezker See.
Die monatelange Therapie und die rituelle Verabschiedung der verlorenen Kinder halfen den Müttern, eine neue Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen und Frieden zu finden. Die Rückmeldungen sind sehr positiv: Viele der Frauen spüren neue Kraft, um ihren Alltag zu bewältigen und wichtige Lebensentscheidungen zu treffen.
Die Armen-Schwestern vom hl. Franziskus engagieren sich mit ihrer Sibirienhilfe für die seelische und körperliche Not der Menschen in Sibirien. Ordensschwestern der Gemeinschaft haben über viele Jahre die Caritasarbeit im postkommunistischen Russland aufgebaut. Inzwischen leben und arbeiten die Schwestern wieder in Deutschland, aber die Verbundenheit und der Kontakt bleibt, und auch die Nöte und Sorgen der Menschen wurden nicht vergessen. Weitere Infos zur Sibirienhilfe finden sich auf der Webseite des Ordens: www.schervier-orden.de