MATRATZEN

Folge 3 des Blogs "WELTEN - SPRÜNGE. Eifel, Amazonas und zurück" von Friederike Peters

Küche mit Boden aus Chonta (c) Friederike Peters
Küche mit Boden aus Chonta
Datum:
Mo. 19. Okt. 2020
Von:
Friederike Peters

Ich brauch eine neue Matratze. In der Stadt gibt es ein ganzes Kaufhaus nur mit Matratzen, Schlafzimmermöbeln und Zubehör. Ich staune! Wie viele Sachen man im Schlafzimmer so braucht?!

Stelzenhaus - Fundamenteaustausch (c) Friederike Peters
Stelzenhaus - Fundamenteaustausch

Während ich auf die Verkäuferin warte, die mich persönlich beim Matratzenkauf beraten wird, läuft auf einem Flachbildschirm schon ein Beratungsvideo. Dreiviertel meiner Lebenszeit verbringe ich schlafend, deshalb lohne sich jede Aufmerksamkeit für diese Zeit, man müsse auf jeden Fall Probe liegen, Probe schlafen, seine persönliche Schlafstellung bei jeder in Frage kommenden Matratze prüfen. Absolut entscheidend seien die sieben Punkte, an denen ein Knochen meines Körpers die Matratze berühren und deshalb zu hart oder zu weich aufliegen könnte. Dann komme es auf das Material an, eine komplexe Schichtung verschiedener edler Materialien sei natürlich das Beste. Genau ein solches Produkt würde hier im Haus angeboten. Die Verkäuferin kommt und erklärt mir noch einmal persönlich die Vorzüge jeder Matratze während ich Probe liege.

Ich suche eine harte Matratze, habe ich ihr gesagt, aber noch keine gefunden, die mir wirklich hart erschienen wäre. Sie holt fast verzweifelt ihr letztes Angebot aus dem Lager und erklärt mir, sie würde nicht mal im Traum daran denken, sich auf diese Matratze zu legen. Es gäbe nur noch eine andere, aber die müsse man bestellen, die sei nur für völlig Verrückte, da könne man ja direkt auf dem Boden liegen.

Ich erkläre ihr nicht, dass ich vor meinem inneren Auge genau das vor mir sehe. Die Holzbretter, die in den Naporunahäusern den Fußboden bilden und auf denen ich in den letzten Jahren die meisten meiner Nächte verbrachte. Sie sind gerade hart genug, um bis zum Morgen jeden Wirbel wieder an die richtige Stelle zu rücken und weich genug, bei jeder Bewegung des Körpers mitzuschwingen. Wenn auch noch statt der Bretter der Fußboden nach alter Naporunatradition aus harter, ganz spezieller Baumrinde besteht, ist es genial! Chonta picada federt bei jedem Schritt, jeder Bewegung wie ein Trampolin und kommt doch nie aus der Fassung, gibt Halt und Bewegungsfreiheit zugleich. Im Stillen wünschte ich, mein Fußboden sei aus Chonta picada statt aus Stein, aber der Trampolinboden ist luftdurchlässig und funktioniert nur in einem Haus auf Stelzen und das wäre in der Eifel hoffnungslos zu kalt - - -
Also nehme ich ihr letztes Angebot an und bringe es mit tatkräftiger Unterstützung bis in mein Bett.

Nachts denke ich, wie gut hier ein warmes Bett tut - fast so gut wie ein Bett aus Chonta picada am Amazonas! Die westliche Perfektion, die meint, die einzige zu sein, die überall DIE richtige ist, die einzig richtige, zerstört unsere Erde, uns selbst und die Menschen am Amazonas.