Ich bin zurück. Nach 26 Jahren in und mit Ecuador bin ich zurück in der Eifel, wo ich auch vorher Jahre gelebt und gearbeitet habe. Von meinen Welten-Sprüngen, meinem "zwischen allen Welten Sein" möchte ich wöchentlich in diesem Blog erzählen.
Jetzt bin ich eine von vielen mit Migrationshintergrund, aus einem fremden Land, das hier kaum jemand kennt, mit einer fremden Sprache, die kaum jemand versteht, mit Sehnsucht nach dem Geschmack von weißen Bananen und dem Geruch von Pomarosafrüchten, die hier niemand je gesehen hat.
Aber ich bin nicht allein. Hier, in einem Dorf mit 250 Einwohnern lebt rechts von mir der Ureifler mit seiner polnischen Altenpflegerin, gegenüber der Mann, der vor Jahrzehnten aus Ostdeutschland kam, in dessen Einliegerwohnung der Pakistani, der im Dorfrestaurant arbeitet und links die Frau aus Hamburg, die mit ihrem Eifler Partner hier hingezogen ist.
Wenn abends die Autos und Traktoren auf der Hauptstraße weniger werden, höre ich von gegenüber Hindimusik aus dem Bollywoodfilm, rechts das Telefongespräch auf Polnisch und per Internet Ecuador-Nachrichten auf Spanisch.
Das ist mein Land und unser Land.
Manchmal sehe ich es mit den Augen von Elsa, der Naporuna-Frau, die vor zehn Jahren mit mir hierherkam, um im Bistum Aachen von Arbeit und Leben der Kakaobauern am Napofluss zu erzählen. Sie sagte: „Das Blödeste ist, dass man nie weiß, wie die Dusche funktioniert.” - „Wie Recht sie hat!!!”, denke ich an den immer wieder anderen Duschknopfsystemen in jeder Wohnung, in der ich übernachte, bevor ich eine eigene Bleibe gefunden habe.
Ähnlich beim Telefonieren - ich versteh dieses Prepaidsystem nicht. Und keiner versteht, dass ich etwas so Selbst-Verständliches nicht verstehe, erklärt mir zum dritten Mal die Einzelheiten, aber ich versteh das Wichtigste nicht. Wie kommt mein Geld zur Telefongesellschaft, damit die freischaltet? Ich denke an die deutschen Touristen in Ecuador, denen ich versuchte verständlich zu machen, an welcher Ecke des Amazonasdorfes man mal eben „ganz einfach” eine Telefonkarte kauft - - -
Ich bin zurück und kann mein Land aus zwei und mehr Paar Augen heraus ansehen. Das gibt Weit-Blick, ein großes Geschenk, das sie mir mitgegeben haben. Der doppelte Blick lässt die Schönheit eines Landes, eines Lebens doppelt leuchten, aber auch den Wahn-Sinn. Was bedeutet Covid 19, wenn ich es mit doppeltem Blick betrachte? Was bedeuten Klimawandel, Demokratie, Wald, Energie, Recht, Gerechtigkeit, Freiheit, Angst, Essen, Wasser, Mensch sein, Leben und Tod im Amazonasgebiet, in der Eifel?
Von meinen Welten-Sprüngen, meinem “zwischen allen Welten Sein” möchte ich von jetzt an ein Jahr lang wöchentlich in diesem Blog erzählen.
Der große Wanderer zwischen Ecuador und Deutschland Alexander von Humboldt drückte es so aus:
„Die gefährlichste aller Weltanschauungen
ist die Weltanschauung der Leute,
welche die Welt nicht angeschaut haben.”