Bischof Dr. Helmut Dieser zur Einigung zum Kohleausstieg

Aachens Bischof begrüßt Entscheidung zum Kohleausstieg und ermutigt zur gemeinsamen Zukunftsgestaltung in den betroffenen Regionen

Tagebau Inden (c) Monika Herkens
Tagebau Inden
Datum:
Di. 21. Jan. 2020
Von:
iba

Aachen, (iba) – „Ich begrüße grundsätzlich die Einigung der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der betroffenen Regionen zum Kohleausstieg und zum verbindlich vereinbarten Zeitplan bis 2038. Dies ist ein notwendiger Schritt hin zu mehr regenerativer ressourcenschonender Energiegewinnung und zur Bewahrung der Schöpfung, den wir nicht nur der jetzigen, sondern besonders den nachfolgenden Generationen schulden. Im Falle des Braunkohletagebaus geht es den Menschen unserer Region insbesondere auch um die Bewahrung unserer heimatlichen Kulturlandschaften und Sozialräume bis hin zu den hoch identifizierten kirchlichen Sakralbauten.

Zur genaueren Einschätzung der getroffenen Entscheidung haben wir nun im Bistum Aachen zu prüfen, was die neue Beschlusslage für die vielfältigen auch gegenläufigen Interessen der Menschen bedeutet, die im Rheinischen Braunkohlerevier leben und arbeiten. Die ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen und Belastungen sind dabei nicht getrennt voneinander zu lösen und zu bewältigen. Auf diesen inneren Zusammenhang weist uns Papst Franziskus in seinem weltweit verbreiteten Schreiben Laudato si` eindrücklich hin. Das „gemeinsame Haus“ umfasst die Menschen aller Länder und Kulturen genauso wie die Artenvielfalt in Flora und Fauna, die gerechte Nutzung und Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen und den Klimaschutz.

Welche Auswirkungen der neuen Beschlusslage kommen nun konkret auf die Menschen unserer Region und unserer Dörfer Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich, Berverath und Morschenich und Manheim (Erzbistum Köln) zu? Wird die neue Ausgangssituation zu neuen Ungerechtigkeiten und Belastungen führen zwischen denen, die schon weggezogen sind, denen, die in teils verwaisten Dörfern ausharren, denen, deren Häuser schon abgerissen wurden, während entgegen der jahrzehntelangen Erwartung der Tagebau nun doch nicht bis in ihr früheres Heimatdorf vordringen wird?

Welche neuen Fragen bewegen auf der anderen Seite auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich um ihre soziale Sicherheit sorgen, aber ebenso die Unternehmer, die in die Braunkohlewirtschaft investiert haben und dort ihre Existenzgrundlage sichern?

Als Kirche sehen wir unsere vordergründige Aufgabe darin, das Gespräch untereinander zu fördern und die Verständigungsbereitschaft über die oft gegenläufigen Belastungssituationen hinweg zu erhalten. Durch die Angebote unserer Seelsorge und die gesamte Ausrichtung unserer Pastoral vor Ort wollen wir allen Beteiligten nahe sein und das Bewusstsein für das Geschenk des Lebens selbst und den Reichtum des Planeten Erde als von Gott geschenkten Lebensort des Menschen vertiefen.

Ich appelliere darum an alle Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, aber auch an alle ökologisch Engagierten: Tun wir gemeinsam alles dafür, dass auch unsere rheinischen Braunkohlereviere wieder zu ökologisch gesunden und vom kulturschaffenden Menschen bewohnten Lebensort im „gemeinsamen Haus“ werden und ein sozial gerechter Strukturwandel eingeleitet wird!" (iba / Na 005)