Aachen. Der Bischof von Aachen, Dr. Helmut Dieser, hat die Osterfreude als Vorfreude und vertiefte Lebensfreude gewürdigt. „Ostern feiern heißt: das Leben ist noch viel unbegreiflich größer als alles Bisherige, das wir schon kennen“, unterstrich Dieser in seiner Predigt in der Osternachtfeier im Aachener Dom. „Nicht aber seine Widersprüchlichkeiten und seine Lasten, sondern sein Sinn und sein Gutsein. Denn wir werden auferstehen durch Christus und wie er: alles wird zueinander passen, keine unlösbaren Rätsel mehr.“
In seiner Predigt bezeichnete Dieser es als „dramatisch“, dass in den Umfragen so viele Zeitgenossen äußerten, dass sie nicht an die Auferstehung Jesu glauben. Das zeige, dass wir Menschen mit Ostern nicht so richtig etwas anfassen könnten. „Ostern ist so gesehen kein passendes Geschenk, sondern eine Überforderung“, räumte der Bischof ein. Doch auch schon die ersten Osterzeugen – die Frauen, die Lukas in seiner Erzählung vom leeren Grab namentlich aufzähle, und die Apostel, namentlich Petrus, hätten überfordert gewirkt. Und genau dieses Ostermerkmal sei heute allzu bekannt. „Dieses Leben, die Welt, in der wir leben, die Dinge, die geschehen: Wer wollte sagen, ich verstehe alles?!“, beschrieb Dieser die heutige Situation. „Alle unsere Wissenschaften, alle Weisheitserzählungen der Menschheit, kreisen um das Verstehen. Und bleiben doch auch stehen bei der Verwunderung. Das wird nie enden.“ Trotzdem machten die Menschen sich heute alle einen Reim darauf, sogar auf den Tod, der aber das sei und bleibe, was kein lebender Mensch schon durchschaut hätte. Schon mit der Geburt jedes Menschen sei nach den Worten des ägyptischen Kirchenvaters Athanasius auch sein Todesurteil mitgesetzt. Doch der Osterglaube habe den Kirchenvater dazu gebracht, zu formulieren: „Seit aber Jesus auferstanden ist, müssen wir nicht mehr sterben wie zum Tod Verurteilte, sondern wir sterben als zum Leben Gerettete.“
Aus Sicht des Bischofs fängt der Glaube immer damit an, dass nicht nur irgendetwas im Leben, die Glücksmomente, die guten Wendungen, die Menschen, die man liebt, sondern das Leben im Ganzen ein Geschenk ist. Und dieses Leben sei größer, als wir Menschen begreifen könnten, und das, solange wir lebten. Auf die Lesungen der Osternacht eingehend, hob Dieser hervor, dass Gott bei der Schöpfung allem Unzählbaren, den schwindelerregenden Zeiträumen und unüberschaubaren Evolutionsprozessen einen Gütestempel aufgedrückt habe, den nur Gott ihnen geben könne, so dass ein Geschenk für uns Menschen daraus werde. So sei es auch mit dem einen einzigen Leben, das man selber führe. „Wenn das Leben ein Geschenk ist, dann haben wir es wirklich mit einem Gott zu tun, der unser Begreifen mit seinem Geschenk überfordern kann“, schlussfolgerte Dieser.
"Und alle diese unbegreiflichen Wege und Gedanken Gottes führen bis zu dem hin, was uns diese heilige Osternacht heute verkündet: Ihr werdet nicht mehr sterben als zum Tod Verurteilte, sondern wir, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, sind auf seinen Tod getauft worden, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln“, verdeutlichte Dieser. „Der Tod, den wir vor uns haben, liegt schon hinter uns.“ Auf ihn getauft sein, heiße glauben: Ich habe dieses irdische Leben von Gott als Geschenk bekommen, und ich bekomme dieses neue Leben des auferstandenen Christus von Gott zum Geschenk. „Das Glück wird da sein, das wir bisher immer nur ahnen können, weil es vergänglich ist“, stellte der Bischof fest. „Dann aber wird es immer nur noch größer werden, weil Gott aus unserem irdischen Leben ewiges Leben macht im auferstandenen Christus.“ Die größte Herausforderung des Glaubens liege darin, dass Christus nicht mehr zu den Toten gehöre, schloss Dieser.